Brückentag

Heute hatten wir einen Brückentag. Nicht, dass unsere werte Leserschaft denkt die französische Atlantiksonne hätte die Kalenderwindungen unserer Hirne schmelzen lassen, es war kein Tag zwischen Feiertag und Wochenende. Ganz im Gegenteil, langsam macht sich die Melancholie des nahenden Törnendes schon etwas breit. Die unzähligen Highlights des Törns werden aufgezählt und jeder macht sein persönliches Ranking, die eine oder andere Schote wird erzählt, die Crew überreicht dem Skipper ein tolles Abschiedsgeschenk von der Vendee Globe- Alles eindeutige Indizien, dass es so langsam Richtung Übergabehafen geht.

Aber heute gab es noch etliche Highlights: Angefangen mit einem herrlichen Spischlag entlang der Ile de Ré und der ersten spektakulären Brückendurchfahrt durch die Verbindungsbrücke zum Festland. 30 m Clearance sollten bei einer Bootshöhe mit Mast und Antennen von 22 m eigentlich gut reichen, denkt man. Zumal die Höhe der Durchfahrten auch noch bei HAT (Highest Astronomical Tide) angegeben wird, also Reserve von den Kartenmachern schon eingerechnet ist. Aber wie immer, wenn man sich der Brücke mit 6 bis 7 kn unter Segeln nähert, schmilzt die Höhe der Brücke wie ein Schneemann in der Sonne, und wächst die Länge des Mastes wie die Nase von Pinocchio nach zehn Lügen. Von unten sieht das immer seeehr knapp aus und unsere Rudergängerin versucht exakt die konkave Mitte zu treffen. Aber Ihr ahnt schon, selbstverständlich hat es allen Unkenrufen zuwider gereicht.

Gestern haben wir entschieden einen Flusslauf 15 sm hochzufahren nach Rochefort, einer bezaubernden historischen Stadt, die sogar zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Für die Käseliebhaber, bitte nicht mit Roquefort verwechseln. Die Stadt ist von einem Louis (welche Nummer ist mir entfallen) gebaut worden, um mehrere hundert Schiffe für den Krieg gegen England zu bauen, und ist noch nahezu intakt. Um dahin zukommen mussten wir den immer enger werdenden, mäandernden Flusslauf, vorbei an etlichen mehr oder weniger zerfallenen Fischerhütten auf ellenlangen Stelzen hochmotoren, leider gegen den Ebbstrom. Da wir dadurch recht tief lagen, sahen wir nur die schlammigen, trockengefallenen Ufer, mit stinkendem Schlamm und graubraunen Tümpeln. Und nur weit oben das grüne Schilfgras. Unser Musiker Axel erinnerte das dermaßen an Vietnam, dass uns Allen die Songs aus „Apokalypse Now“ in den Sinn kamen und man hinter jedem Schilffeld einen Vietkong vermuten konnte. War schon etwas gruselig, zumal wir auch das einzige Schiff waren. Als dann am Liegeplatz noch eine Ratte direkt über den Schlamm zu unserem Steg huschte war der Grusel perfekt.

Dazwischen wurden noch 2 Brücken durchfahren, die erste eine unspektakuläre Autobahnbrücke mit 30 m Höhe. Die zweite hatte es aber in sich. Das 40 m hohe, an den Eiffelturm erinnernde Stahlgerüst war schon von weitem erkennbar. Dessen Nutzen erschloss sich uns allerdings nicht. Den hätte wohl nicht einmal unser allwissender CI herausbekommen. Beim Näherkommen hing dann von dem „Gestell“ eine ca. 20m mal 40m messende Plattform an Drahtseilen in 10 Metern Höhe mitten über dem Fluss. Darauf sahen wir Menschen und Fahrräder und sie bewegte sich vom linken Ufer zum rechten. Das war dann die einzige noch in Betrieb befindliche Transporter Bridge Platform. Heute noch Touristenattraktion, hat sie doch früher Pferdeführwerke, Autos und LKWs über den Fluss transportiert. Was ein Aufwand, aber auch was ein Spektakel für uns.

Jetzt, bei Hochwasser liegen wir absolut romantisch im schilfbeuferten Anleger vor Rochefort, mit Kühen am anderen Ufer und einer Vielzahl verschiedener Vögel. Gestört wird die Idylle nur ab und zu durch vorbeifahrende Ozeanriesen, die den Industriehafen etwas weiter Flussaufwärts ansteuern.

Alles ziemlich tolle neue Eindrücke, selbst nach fast zwei Wochen Abwechslung.

Bleibt uns treu, und wir freuen uns auf Eure Kommentare.

Eure sich jetzt an südlichsten Punkt der Reise befindlichen Bretagniers.

Neuer Job für Sophia: Hafenmeisterin

So langsam trauen wir uns in die diffizileren Häfen. Gestern in Croix de La Vie, war es ein Flusshafen, Sehr eng, mit einer ordentlichen Strömung. Uli, hat hier in der Einfahrt die Abdrift kennengelernt und mit einem ordentlichen Vorhalt, mehr oder weniger quer treibend, erfolgreich versucht den entgegenkommenden Yachten auszuweichen. Beim Anlegemanöver konnten wir das Ferrygliding, eine Ausbildungssequenz des englischen Yachtmasters, üben. Bei diesem Manöver stellt man das Schiff 30 m neben dem Liegeplatz parallel in den Strom, so dass es still steht. Mit Ruderlage und Motorschüben fährt man den Kat dann quer in die Lücke. Und das ganze ohne das Gefiepe eines Bugstrahlruders. Hat ganz gut funktioniert.

Heute war es noch aufregender. Wir wollten in St Martin de Ré anlegen, der Ferieninsel der Franzosen, mit einem sehr schönen Städtchen, aber einem ebenso engen Hafen. Hier liegen die Yachten in Päckchen mit bis zu 7 Schiffen. Die einzige Möglichkeit für einen Kat hier zu liegen, ist der Wartesteg vor der Schleuse im Vorhafen. Wir waren etwas zu früh und mussten noch eine halbe Stunde auf genügend Wasser unter dem Kiel warten, da die Hafeneinfahrt bei Niedrigwasser trockenfällt. Vor Anker konnten wir hinter der Hafenmauer nur einen Mast ausmachen, also schien der Warte- und Visiteursteg für uns frei zu sein. Die Vorfreude war groß, nur noch durch die kleine Hafeneinfahrt, Steuerbord längsseits, und 2 herrliche Hafennächte mit einem Inselerkundungstag dazwischen lagen vor uns. Einige Kielyachten lauerten schon etwas weiter draußen auf Liegeplätze. Wir beschlossen den Vorteil des geringen Tiefgangs unserer Belle Ile zu nutzen und als erstes einzufahren. Um das grüne StB Hafenfeuer herum, lag der ersehnte Steg. Aber oh weh, der ganze Steg voll mit kleinen Motorbooten, obwohl 2/3 für Segler reserviert ist. Jetzt wisst Ihr auch, warum Motorbootfahrer es schwer haben mich zum Freund zu haben…….

Eine Lücke sah recht groß aus, aber ein Schlauchboot lag mitten drin. Glücklicherweise mit Besatzung, und mit eindeutigem Gestikulieren wurde ihnen schnell klar, dass sie vielleicht lieber an ein anderes kleines Motorboot längsseits gehen und den Platz den Großen lassen sollten. Den Kat neben die Lücke gestellt, haben wir leider festgestellt, dass die Lücke immer noch 2 m zu kurz ist für unsere dicke Berta. Mittlerweile drängten die Kielyachten von hinten in das enge Hafenbecken. Maximaler Stress!!! Aber wir sind ja hier die „Großen“ und die „kleinen“ 12 m Yachten drehten mehr oder weniger geduldig im frischen Wind im Vorhafen ihre Kreise, obwohl der eine oder andere gerne unsere Lücke ergattert hätte. Wir haben sie aber verteidigt, wie ein Malletouri seine Strandliege.

Wir brauchten zunächst aber mal jemand von der Crew am Steg. Also vorwärts in die Lücke, der Kat ist ja weniger breit als lang, gut abgefendert von Axel und ein beherzter Sprung von Sophia auf den Steg, eine wahre Meisterleistung. Die Hafeneinfahrt war aber zwischenzeitlich für alle ein- und ausfahrenden Schiffe von uns blockiert. Erst mal ne Vorspring legen, mit der wir den Kat schräg in der Lücke halten konnten, um die Hafeneinfahrt wieder frei zu machen. Währenddessen hat unsere Landcrew Sophia und Peter, der zwischenzeitlich auch den Steg erreicht hat, eine Motoryacht losgebunden und 5 m nach hinten verlegt. Damit war der Platz groß genug, um die Belle Ile in die Vorspring eindampfend in die Lücke zu manövrieren.

Jetzt liegen wir sicher und glücklich, dank Sophia unserer Hafenmeisterin, die jetzt schon im zweiten Hafen die Schiffe hin und her verlegt und wie Tetrissteine sortiert, in einem sehr schönen Städtchen. Morgen werden wir einen Hafentag einlegen und die Insel mit dem Rad erkunden. Dann sehen wir mal weiter wo der Wind uns am Mittwoch hinträgt.

Heute gibt es zum Abendessen als kleine Reminiszenz an die Heimat gebackenen Saumagen. Da fehlen einem die Pfälzer Weinfeste nicht gar so sehr, zumal auch der Weinkonsum ähnliche Größenordnungen einnimmt. Mittlerweile sind sogar die großzügig bemessenen Weinvorräte an Pfälzer Tropfen auf ein Minimum geschmolzen, so dass auf einheimische Produkte zurückgegriffen werden muss. Insbesondere die Weißen kommen aber in der Qualität nicht an das Original von Fritsch ran.

Bleibt uns gewogen, die ganze Crew der Bretagniers

Nachtansteuerung in Les Sable d’Olonne

Gestern war ein wirklich aufregender Tag. Zunächst mussten wir uns aus dem Knäuel in Port Tudy aus dem Hafen hinausschlängeln. Dann ein genialer Segelschlag nach Les Sables d’Olonne, mit 3-4 bft am Wind, fast den ganzen Tag. Wir sind um 0900 vor der Ile de Groix gestartet und 105 sm bis 0400 an der Hafeneinfahrt in Les Sables gesegelt. Für den langen Schlag haben wir ein 3h Wachsystem mit StB und BB Wache eingeführt, das wie am Schnürchen funktioniert hat. Klare Absprachen, eindeutige Dokumentation, und saubere Übergabe an die einzelnen Positionen, machten das Leben für den Skipper zu einer wahren Urlaubsfahrt. Spannend war die Nachtfahrt, mit Fischern, die für uns unkontrolliert herumfuhren, und mit Fischerbojen, die auch mit Mondschein und Radar oft nur schwer auszumachen waren. Eine haben wir touchiert, aber außer etwas Lack der Boje an unserem StB Schwimmer haben wir keine Schäden davongetragen. Wie es der Boje jetzt geht ist nicht bekannt.

Vor einer Nachtfahrt ist es immer wichtig die hungrigen Mägen zu beruhigen. Unser Bordbocuse Fritsch hat tatsächlich ein phantastischen Meerrettichrisotto mit gefühlt mehreren Flaschen Pfalzwoi gezaubert, das bei strahlendem Sonnenschein mitten auf der Biscaya genossen wurde. Und es gab keinen Handyempfang. Einerseits gut, um mal dem Druck der Internetinfoflut zu entkommen, andererseits schlecht für einen aktuellen Wetterbericht vor der Nachtfahrt. Aber CROSS Etel hat uns über UKW Funk erlöst.

Die Hafeneinfahrt in den Vendée Globe Hafen von Les Sables d’Olonne war toll. Wenn wir noch eine Fackel auf dem Vorschiff gezündet hätten, wären wir uns wie ein Mini-Boris Herrmann vorgekommen. Er um die Welt, wir von der Ile de Groix. Er mit einem Fischerboot kollidiert, wir mit einer Boje. Er mit einer Fackel, wir mit Stirnlampen. Aber es kommt auf das Gefühl an. Jetzt liegen wir direkt neben IMOCAs 65, z.B. liegt das Boot von Ari Huusela genau neben uns, nur durch einen Fender getrennt. In dieser Gesellschaft fühlen wir uns wohl, die zahlreichen Touristen, die am Steg den Tag über entlangwandeln und unser Schiff fotografieren, denken wohl wir wären auch irgendwelche Weltumsegler. Wir lassen sie in dem Glauben 😉

Bis wir allerdings an dem spektakulären Liegeplatz festgemacht hatten gab es noch einige Aufregung mitten in der Nacht um 0500 (wir sind so weit im Westen, dass es um diese Zeit hier noch Kuhnacht ist). Der Empfangssteg war frei und wir legten uns einfach längsseits, ist doch um diese nachtschlafende Zeit normalerweise kein Hafenmeister in Sicht. Nicht so hier. Kaum waren die Leinen und das Stromkabel gelegt, kam auch schon ein netter Herr und begrüßte uns in Les Sables. Der Hafenmeister ist hier tatsächlich 24/24 7/7 im Dienst. Nach den Formalitäten fragte er, ob wir am Empfangssteg bleiben wollen, oder ob wir schon unseren endgültigen Liegeplatz einnehmen wollten. Um nach dem Aufwachen nicht noch groß manövrieren zu müssen, entschiedenen wir uns für letztere Option. Er wies uns dann einen Platz am Vendée Globe Steg zu, den wir frohgemut anfuhren. Die Zufahrt war deutlich enger als vermutet, sind die Boliden doch auch recht breit. Zwischen etlichen IMOCAs war dann tatsächlich ein Platz auszumachen. Aber weh, da lag noch ein Schleppschlauchboot eines Weltumseglers drin. An ein Einlaufen war nicht zu denken. Sophia und Axel, wurden kurzerhand an einem Fischkutter ausgesetzt und haben das Schlauchboot entfernt und wir konnten nach einigen Dreh-und Wendemanövern anlegen. Der Seitenwind drückte uns noch auf Ari Huuselas Boot, das glücklicherweise keine Foils hatte. So genügten normale Fender von Uli, um das berühmte Boot nicht zu beschädigen.

Nach der ganzen Aufregung tat das Pernotfrühstück sein Übriges, um die Crew erschöpft um 0700 in die Kojen sinken zu lassen.

Jetzt erwartet uns noch ein aufregender Tag in Les Sables und am Sonntag geht es weiter.

Wir melden uns wieder, Euer Hägar und die Bretagniers, die jetzt in der Vendée sind.

Eng gedrängt

Liebe Freunde,

wer den Blog bisher aufmerksam verfolgt hat, konnte wohl schon bemerken, dass ich gewisse Hochachtung vor den französischen Hafenbauern habe. Wie sie es schaffen in diesem mit Strömung und permanentem Wasserstandsänderung „verseuchten“ Gebiet sichere und vor allem kapazitätsreiche Häfen zu bauen ist beachtenswert. Die Krönung ist unser heutiger Hafen Port Tudy auf der Ile de Groix. Eigentlich ist das Hafenbecken putzig klein, und man benötigt auch noch Platz für eine Fähre incl, eines „Wendehammers“ für dieselbe. Dann noch 6 m Tidenhub, wie bekommt man da viele Segler unter, die diese herrliche Urlaubsinsel besuchen wollen? Recht einfach: man setzt einfach 8 dicke Bojen, mit einem fetten Betonklotz in die Hafenmitte, und stellt einen engagierten Hafenmeister mit einem stark motorisierten Schlauchboot ein. Der sortiert die einlaufenden Yachten unter lautstarken französischen Kommandos tatsächlich so um die wenigen Bojen, dass zum Schluss nahezu 60 Yachten inclusive unserer Belle Ile, die eigentlich für 4 kleinere Schiffe zählen müsste, in dem kleinen Becken liegen. Ohne Schwimmsteg und ohne Muring oder sonstigen teuren Vorrichtungen. Man muss zwar mit dem Schlauchi an Leitern fahren, die bei Niedrigwasser an alpine Klettersteige erinnern und hat auch keinen Strom. Aber für die Hafengebühr von 21 Euro für unser 17m mal 8m Schiff ist das äußerst annehmbar. Hier könne sich die Kurtaxenaffinen Bodenseehafenkapitäne mal wieder ein Beispiel nehmen. Außerdem wurde in dem Hafenbecken noch eine variable Anlegestelle für die Autofähre von Lorient integriert.

Mit einfachen Mitteln viel zu erreichen ist schon eine ausgeprägte Kompetenz der Bretonen. Freut Euch schonmal auf den Drohnenfilm von Silke, die sich mittlerweile zu einer wahren Kunstflugpilotin entwickelt hat, und schon den einen oder andern Luftkampf gegen angreifende und keifende Möwen gewonnen hat.

Euer Skipper Hägar

Oscar und Onkel Paul

Die wirklich wichtigen Dinge sind in den letzten Tagen nicht in der Bretagne passiert. In Hamburg wurde Klein-Oscar geboren, einen herzlichen Glückwunsch an die junge Familie mit den Eltern Nina und Peer. Egal wozu sich Oscar später berufen fühlt, ob als Lautern oder Pauli-Fan, ob als Balletttänzer oder als Segler oder als irgendwas anderes, ich bin mir sicher Ihr werdet ihm das richtige Rüstzeug mitgeben, seinen Lebensweg zu gehen. Geniest einfach den neuen Lebensabschnitt als Familie, die Unterstützung aus der Pfalz, aus dem Schwabenland und auch aus Flensburg habt ihr zu jeder Zeit. Auf jeden Fall führt jetzt an „Opa Hägar“ kein Weg mehr dran vorbei….. 😉

Paul ist auch in dieser Zeit des Jahres geboren, heute vor 26 Jahren erblickte er das Licht der Welt. Auch Dir einen herzlichen Glückwunsch und viel Freude und Erfolg in dem neuen Lebensjahr.

Und Julius hatte am 17.7. Geburtstag und wurde 17. Auch Dir alles Gute und viel Spaß im letzten Jahr vor Deiner Volljährigkeit. Es gibt in den kommenden Jahren also noch mehr zu feiern in diesen Tagen. Hoffentlich viel auf See beim Segeln.

Die unwichtigeren Dinge geschehen dagegen hier in der Bretagne. Gestern war ein Hafentag vor allem mit Einkaufen, aber auch Eis essen, Kaffee und Bierchen trinken.

Die Einkaufshelden – Taxi Mangelware – stattdessen wurde der Einkauf mit dem Einkaufswagen quer durch die Stadt bugsiert um anschließend auf die Fähre (im Hintergrund) verladen zu werden

Wahlweise im Programm war eine Wanderung an den lauschigen Ufern des Odet entlang, der als einer der schönsten Flüsse Europas beschrieben wird.

Der Weg war wunderschön mit einigen für einen Hochseesegler fast schon hochalpinen Passagen. Auch die Dichte der Pfälzerwaldvereins-Hütten ließ am Anfang zu wünschen übrig, nicht einmal ein Hinweisschild auf die nächste Einkehrmöglichkeit und die Sonne brannte erbarmungslos den Wunsch nach einer kühlen Rieslingschorle in die Hirne der erschöpften Wanderer. Dann wie aus heiterem Himmel die Erlösung. Mitten im Wald hörten wir auf einmal das Glockengeläut einer Kirche. Dem einen oder anderen gingen bei diesen Tönen die Sünden der letzten Tage durch den Kopf, und wie der sie denn beichten könne, die Pfälzer hatten sofort die richtigen Schlüsse gezogen: Wo eine Kirche ist ist ein Dorf. Im Dorf steht die Kirche oft auf dem Dorfplatz. Am Dorfplatz gibt es eine Kneipe. Nach einer viertel Stunde Navigation nach Gehör sassen wir dann tatsächlich in einer Kneipe mit einem kühlen Radler (sowas wie die bretonische Variante einer Rieslingschorle, war uns aber egal).

Beim Rückweg kamen wir über die Brücke des Odet und konnten die hafenbaulichen Kunstfertigkeiten der Bretonen bewundern. Wo es irgend geht wird eine Boje verankert, und schon hat man einen neuen Liegeplatz. Geht doch auch einfach, ohne Planfeststellungsverfahren, Bebauungsplan und Bauantrag mit Statikberechnung in 18-facher Ausfertigung. Wer genau hinschaut kann unsere Belle Ile sicher erkennen.

Heute Morgen haben wir dann den Rest der nächtlichen „brise de terre“ genutzt und sind um 0730 abgelegt zum nahen Archipel „Iles de Glenan“ der Karibik in Europa. Hier ankern wir vor einen traumhaften Sandstrand mit türkisblauem Wasser. Alle waren schon schwimmen, auch wenn die Wassertemperatur nicht unbedingt karibischen Gegebenheiten entspricht. Das Archipel ist sehr beliebt, so dass es hier sogar eine Seenotrettungsstation mit einem Kreuzer gibt. Die Besatzung desselben ist äußerst aufmerksam. Eine Schwimmerin wollte zu ihrem Boot zurückschwimmen, und wurde durch den Strom abgetrieben. Tom, unser Geheimagent 008 kam den Seenotrettern zuvor und rettete die Erschöpfte vor den Augen der Profis. Aber Respekt vor der SNSM, dass sie in dem Gewühl von Ankerliegern, Schwimmern, Paddlern und unzähligen Segel- und Surfschülern so aufmerksam waren.

Außerdem ist kurz vor der Einfahrt in die Glenans uns noch die IMOCA 65 „Yes we Cam“ entgegengekommen. Die Segler unter Euch wissen, dass dies das Boot des bretonischen Vendée Globe Helden Jean Le Cam ist, der Anfang des Jahres bei der Einhand non-stop Weltumsegel-Regatta einen Landsmann mitten im Südpazifik aus der Rettungsinsel gerettet hat. Dabei war ja auch unser deutscher Segler Boris Herrmann dabei, um bei der Suche zu helfen. Ob Jean heute allerdings an Bord war hat sich uns nicht erschlossen, einen solchen berühmt-berüchtigten Segelboliden aber live so nahe an sich vorbeisegeln zu sehen, ist schon sehr beeindruckend. Es ist hier schon ein besonderes Gewässer, das immer wieder mit Überraschungen aufwartet.

Bleibt uns gewogen wir melden uns bald wieder.

Euer Hägar

Fast wie normaler Urlaub

Heute ist ein toller Tag. Anker auf in der romantischen und lauschigen Ankerbucht mit Sonnenschein bei leichten NE Winden, und gleich den Spi gezogen. Ist allerdings ein kurzes Vergnügen der Wind schläft ein. Da wir nach dem Passageplanning um 1200 am Eingang des Raz de Sein sein müssen, müssen die Maschinen mithelfen. Um Punkt 1200 stehen wir dann mitten im Kap Hoorn Europas, die sagenumwobenen Leuchttürme La Vieille und La Plat an Backbord, und den Leuchtturm Le Chat an Steuerbord. Heute ist das Raz de Sein wie ein Ententeich, kein Wind, kein Nebel, kein Regen und Dank guter Planung auch kein Strom. Fast nicht vorstellbar, dass dies eines der gefährlichsten Ecken der Europäischen Meeresgewässer ist. Viele andere Segler sind um uns herum, die haben wohl unseren Passageplan aus dem Blog kopiert. Das zeigt aber auch dass unsere wackeren Planning-Kempen Uli, Sabine, Sophia und Axel gute Arbeit geleistet haben.

Später kam dann noch ein Westwind mit 3-4 bft, also von schräg achtern. Super Verhältnisse für den Spi. Mit bis zu über 7 kn Geschwindigkeit rauschen wir unserem Ziel Benodet/Saint Marine entgegen. Durch clevere Halsenplanung von Uli, kommt selbst unser Regattasegler Tom auf seine Kosten. Lässt er doch etliche andere Segler (auch mit Spi) im Heckwasser. Außerdem ist es heute sehr warm, nur kurze Hosen und T-Shirt. Gestern ging das Atlantikschwimmbattle zwischen den Damen und den Herren unentschieden 4 zu 4 aus. Ein Extralob an denjenigen unserer werten Leserschaft, der die 4 Männer erraten kann, die es wagten sich in die 16 Grad kalten Fluten zu stürzen.

Jetzt liegen wir in Saint Marine in einer Flussmündung in einem sehr süssen Städchen, direkt an der belebten Hafenmole. Ein touristisches Highlight. Unser Bord-Bocuse Fritsch steht schon am Herd, es duftet hervorragend und der Dokumentattor hat Schwierigkeiten sich auf den Text zu konzentrieren. Der Anlegepernot tut dazu sein Übriges. Morgen bleiben wir hier, da sich wenig Wind angekündigt hat, und wir werden einen „Urlaubstag“ einlegen. Haben auch alle verdient, die Crew ist hochmotiviert und kompetenzerweiterungswillig. Sogar Fritsch hat sich heute gewagt die Ansteuerung in die Flussmündung zu machen, trotz unübersichtlichem Verkehr und zahlreichen Tonnen und Leuchtturmpeilungen.

Bleibt unserem Blog treu und ratet mal welche Männerhelden sich zu allen Damen in die eisigen Fluten des Atlantik gesellt haben.

Liebe Grüße Euer Skipper Hägar

Höhlenkunde

Heute war ein sehr relaxter Tag. Ablegen erst um 0915 (wurde dann 0930) durch überlanges Frühstück) danach leichte Winde 3-4 bft von achtern. Also herrliches Spinackersegeln, zunächst mit etwas Atlantikdünung, danach wie am Bodensee. Zum Schluss mit über 8 kn um das Cap de Chèvre herum. Sogar zum Mittagessen gab es heute Wein, schon Captain Blight wusste um die stimmungserhöhende Wirkung alkoholischer Getränke. Dann unser heutiges Ziel, ein wahrer Hauptgewinn. Morgat in der Bucht von Douanerez.

Der Hafen ist zwar zu klein für unsere Dicke Berta, aber daneben gibt es eine sehr lauschige Ankerbucht mit Sandstrand und herrlicher Kulisse von alten Villen und mächtigen Felsen. Und das absolut Beste daran: keine 500 m entfernt gibt es Höhlen, die man mit dem Beiboot befahren kann. Nach dem leckeren Abendessen von Ute sind die wackeren Kämpen der Belle Ile mit zwei Schlauchbooten zur Höhlenexpedition aufgebrochen. Und das war wirklich spektakulär.

Die Kathedrale mit 100 m Länge und 10 m Höhe mit phantastischen Felsformationen. Eine schlundartige Öffnung in der es dicke zapfenartige Steinformen gab, man fühlte sich wie Jonas im Walmagen. Die Farben der Steine in hell-leuchtenden unterschiedlichen Farben. Wir konnten uns nicht satt sehen. Mit dem Schlauchi konnten wir tief in die Klippenlöcher einfahren, einmal sogar in ein Loch rein, und aus einem anderen wieder raus. Was ein spannendendes Abenteuer. Vor den Höhlen gab es ein Felsentor, durch das man durchfahren konnte. Haben wir zunächst nicht gewagt, dann haben wir aber doch den Mut gefasst. Das war aufregend, insbesondere für Ute, die befürchtete die Brücke könne brechen. Ging aber gut, schließlich hält das Tor ja schon 10 Tausende von Jahren, warum sollte es ausgerechnet jetzt zusammenbrechen?????

Nicht so gut ging es heute Karsten und Christine. Wir haben zwei (leichte) Verletzungen. Karsten hat sich beim Spimanöver den Knöchel geprellt, und Christine hat sich den Finger beim Großsetzen aufgerissen. Aber wir haben ja unseren Schiffsdoc Günther, der schon ganz andere Verletzungen verarztet hat, u.a. wird gemunkelt, dass er bei Lord Nelson in Trafalgar dabei war, (Lord Nelson konnte danach leider bekannterweise sein Heimatland nicht mehr lebend betreten, aber das war sicher nicht die Schuld von Doc G.). Die Wunde von Christine wurde kurzerhand mit einer am Gasherd rotglühend erhitzten Schere ausgebrannt, Karstens Bein mal kurz mit der Eisensäge, die normalerweise als Wantenschneider dient, amputiert. Aber sonst geht es allen gut. (Ralfi meint an dieser Stelle, dass der Erzähler so langsam vom Sprüche klopfen ins Lügen abdriftet)

Morgen geht es zu unserem Endhafen Brest,ein schöner Segeltag steht uns noch bevor.

Bleibt uns gewogen, und vielen Dank für Eure tollen Kommentare, die wir immer gerne lesen.

Eure Bretagniers.

Westlichster Punkt

So liebe Leute, heute sind wir an unserem westlichsten Punkt der Reise angekommen. Wir liegen an einer Boje in einer Bucht der Insel Quesant. Das ist auch der westlichste Punkt von Frankreich, wenn man die Überseegebiete nicht mit einbezieht.

Die Bucht ist sehr lauschig, auch wenn einige Spötter mir nicht zutrauen eine lauschige Bucht zu finden (siehe der Törn vor 2 Jahren an ähnlicher Stelle).

Auf der Ile de Quesant gibt es keinen Hafen mit Stegen, sondern nur ein Bojenfeld. Die Bucht ist tief, aber nach Süd-Westen offen, was für einen gewissen Schwell sorgt, und wir wohl heute Nacht in den Schlaf gewiegt werden. Glücklicherweise kommt der Wind aus Nord West, so dass wir wenigstens davor etwas geschützt sind. Die Überfahrt hierher war sehr rau. Da wir durch die Passage du Fromveur mussten, bei der bis zu 7 kn Strom herrscht, war ordentlich was los. Die Passage hat eine NO-SW Ausrichtung und der Wind kam aus westlichen Richtungen. Die Strömung war zwar mit uns, der Wind aber entgegen. Wind gegen Strömung macht eine sehr grobe See. Und das obwohl eigentlich nur 16 kn wahrer Wind war. Gleichzeitig schob uns der Strom durch die Passage, so dass wir 12 kn Fahrt über Grund hatten. Das ist einerseits toll, andererseits gibt das aber noch zusätzlich 12 kn Fahrtwind zum wahren Wind hinzu, so dass wir 25 kn Wind am Schiff hatten. Also 2. Reff einbinden in der aufgewühlten See. Das war ein hartes Stück Arbeit.

Wind gegen Strom sorgt für eine ordentliche Schaukelei, die auf diesem kurzen Film gar nicht richtig rüber kommt.

Man liest es immer wieder, dass Wind gegen Strom eine sehr grobe See macht. Aber das live mitzuerleben war schon sehr beeindruckend. Ein kleineres Schiff mit einer unerfahreneren Crew wäre bei diesem moderaten Wind schon sehr in die Bredouille gekommen.

Darüber hinaus hatten wir heute noch ein tolles Naturerlebnis mit Delfinen. Eine ganze Schule von mindestens 20 Tieren hat unser Schiff über 15 Minuten begleitet und 1 m vor unseren Bügen etliche Kunststücke aufgeführt. Und das ganze bei 9-11 kn Fahrt und dermaßen knapp an unserem Schiff, dass man sich schon fragt wie die Tiere das machen. Echt beeindruckend. Vielleicht kann Silke noch einen Film dazu einstellen.

Trockengefallen sind wir am Sonntag auch schon, und zwar im alten Stadthafen von Roscoff. Beim Beginn ddes Fussballspiels, das wir in der Hafenkneipe besichtigt haben, konnten wir noch eben die Hafenmauer betreten. Nach dem dramatischen Elfmeterschießen lag der Kat 4 m tiefer im Schlick. Kein Tropfen Wasser mehr um uns rum, und eine abenteuerliche Abstieg über einen rostige und glitschige Hafenleiter. Am Morgen schwammen wir glücklicherweise wieder und die Fahrt konnte weitergehen.

Jetzt sind es noch 2 Tage mit der Crew 2 und wir müssen leider unseren Übergabehafen Brest schon planen. Aber die Crew 3 freut sich sicher auch schon.

Bleibt uns gewogen, wir müssen jetzt los zum Essen, mit dem Beiboot an Land. Liebe Grüße Euer Hägar.

Yoga auf dem Trampolin

Auf einer Segelyacht werden tendenziell ja nur wenige Muskelgruppen regelmäßig beansprucht: Vor Allem die Oberkörpermuskulatur beim Segelsetzen oder beim Kurbeln der Winschen. Um die übrigen Muskeln nicht durch fortgesetzten Muskelschwund zu verlieren, hat heute unsere ausgebildete Yogalehrerein Christine eine Übungseinheit auf dem Vorschiffstrampolin gegeben. In Ermangelung von bunten Strumpfhosen, die man gewöhnlicherweise zum Yoga trägt, wurden die langen Unterhosen herausgekramt, die wir glücklicherweise die letzten Tage nicht mehr gebraucht hatten. Dehnübungen wie „Der krumme Hund“ wechselten sich ab mit Gleichgewichtsübungen wie „Der sterbende Schwan“ und mit Kraftübungen wie „Der starke Ochse“ (für die Richtigkeit der Bezeichnungen der Figuren wird an dieser Stelle keine Gewähr gegeben). Wir möchten unsere werte Leserschaft gerne bitten von Kommentaren in der Richtung „Altensport“ oder „Seniorenübungen“ Abstand zu nehmen.

Nautisch war es heute auch wieder sehr interessant. Vorgestern sind wir in einen kleinen Tidenhafen eingelaufen und sind dort einen Tag geblieben. Paimpol ist ein Städtchen, das man nur um das Hochwasser herum anfahren kann. Zu den anderen Zeiten ist der Hafen nicht befahrbar, weil schlichtweg das Wasser fehlt. Bei der Wanderung gestern war es kaum zu glauben, dass wir in dieser Rinne mit unserem Katamaran überhaupt fahren konnten. Interessant war es auch den Meeresboden und die Lage der Tonne zu sehen, wenn das Wasser weg ist.

Vor dem Einlaufen mussten wir noch eine Stunde vor Anker warten, bis ausreichend Wasser aufgelaufen war. Silke nutzte die Zeit, um erste Luftaufnahmen mit der Drohne zu machen. Unsere werten Abonnenten können sich auf tolle Aufnahmen der Belle Ile vor Anker freuen, das gerade online ging.

Die Einfahrt in den engen Hafen war auch nicht ganz simpel: Zum Einen war es eng, es stand wenig Wasser, wir mussten durch zwei enge Schleusen und es wehte ein Querwind; zum Anderen gab es viele Zuschauer aus dem touristischen Örtchen, die das Hafenkino unserer Einfahrt als gelungene Abwechslung zwischen dem Nachmittagskaffee und dem Abendbuffet betrachteten. Dank einer tollen Teamleistung und der Einweisung des Hafenkapitäns gelang das Manöver ganz gut, und am folgenden Tag gab es einige am Kai schlendernde Franzosen, die ungläubig die Breite unseres Bootes mit der Durchfahrtsöffnung der alten Schleuse verglichen und sich gefragt haben wie die Durchfahrt zu Stande kommen konnte. Optisch sah die 12m breite Schleuse schmaler aus als der 8m breite Kat.

Navigatorisch sind wir mittlerweile wieder auf Westkurs, um unserem Zielhafen Brest entgegen zu segeln. Das berüchtigte Tidentor Alderney Race zeigte wieder seine Zähne mit turbulenten Wellen, Wind und schlechter Sicht. Danach verlief der Nachtschlag sehr schön, mit mittleren achterlichen Winden und einem phantastischen Sonnenuntergang auf See.

Die Nachtansteuerung auf St Malo war aufregend, leuchtet doch die ganze Umgebung mit zahllosen Tonnen und Leuchttürmen mit verschiedensten Kennungen wie eine amerikanische Vorstadt in der Vorweihnachtszeit. Hier die richtige Einfahrt durch den vorgelagerten Felsengarten zu finden war schon eine anspruchsvolle Piloting-Aufgabe, die Julia hervorragend gemeistert hat.

Jetzt sind wir in der Anfahrt auf unseren heutigen Zielhafen Roscoff, der wieder eine Überraschung zu versprechen scheint. Das werden wir aber im nächsten Blog beschreiben.

Bleibt uns gewogen

Eure Bretagniers.