Wein ist keine Droge

Am Dienstag hatten wir ja einen Hafentag, bei dem normalerweise nicht so interessante Dinge passieren, um damit einen Blogbeitrag zu verfassen. Aber im Kanal passieren immer unverhoffte Dinge.

Ralf, Günther und ich kommen gerade vom „Schonen der Biervorräte an Bord“ zurück (die geneigten Hollandfahrer wissen, was damit gemeint ist, die anderen können es mit ihrer Phantasie entschlüsseln) und wollen den mitgebrachten Fisch und die Austern für das Abendessen vorbereiten, als es heftig an den Rumpf klopft. Wir liegen ja am Wartesteg, ohne Zugang zum Land, der häufig von Überseeseglern zur Einklarierung genutzt wird. Vier streng aussehende, bewaffnete französische Zollbeamte fragen, ob sie an Bord kommen dürfen. Dieses Angebot ist nur schwer auszuschlagen, und wir bitten die Herren gerne an Bord. Zunächst wird der Skipper ermittelt und dieser wird einer Art Inquisition unterzogen, gefühlt mit Daumenschrauben. Woher, wohin, wie viele Menschen an Bord, welche Nationalität, die Nationalität und der Heimathafen des Schiffes, der Eigner des Schiffes… usw. Alles auf Französisch und zack zack antworten ohne Zögern, damit ich mir keine Lügengeschichten überlegen kann. Dann alle Papiere: Zulassung des Schiffes, Flaggenzertifikat, Funkzulassung, Chartervertrag, Crewliste, Logbuch, Passageplanningformulare. Gut, dass die vorbereitet ist, incl. aller Personalausweisdaten (danke Silke für das Sammenln und Danke Tom fürs mehrfache ausdrucken). Die Personalausweisdaten werden über Funk durchgegeben (was immer es da zu kontrollieren gibt) und die Liste mit den Ausweisen der anwesenden Personen abgeglichen. Ein langes Formular wird vom Zollchef ausgefüllt, während zwei weitere die Kabinen in den Rümpfen kontrollieren und der Vierte alle Backskisten. Alle Schränke und Schapps werden geöffnet, alle Bodenbretter hochgehoben. Die Frage nach Waffen können wir negieren, die Seenotraketen zählen nicht. Auch die Frage nach Bargeld (mehr als 10.000 € pro Person) können wir negieren. Dann die Frage nach Drogen, hier können wir auch negieren, geben aber zur Sicherheit unsere nicht ganz unerheblichen Weinvorräte an, die sie sowieso gefunden hätten. Dann die erlösende offizielle Antwort des französischen Zollpatrouillien-Chefs: „Du Vin n’est pas une drogue“. Nach einer dreiviertel Stunde ist der Spuk vorbei, ich muss noch das Formular unterschreiben, dass die ganze Befragung auf Französisch stattgefunden hat, bekomme einen Durchschlag und sie wünschen uns noch eine gute Fahrt.

Somit haben wir es jetzt amtlich, was die Pälzer unter Euch natürlich schon längst wussten: Wein ist keine Droge, nichteinmal Pfälzer Wein in Frankreich.

Also dann, „Zum Wohl die Pfalz“ und bleibt uns gewogen.

Euer Hägar.

Kulinarik

Der aufmerksame Leser von alten Seefahrtsromanen wie „Der Seewolf“, „Meuterei auf der Bounty“ oder „Moby Dick“ ist leicht geneigt sich unter der Verpflegung auf Schiffen eine recht karge Kost vorzustellen. Bilder von mit Maden versetztem Schiffszwieback mit leicht angeschimmeltem ranzigen Speck, Stockfisch mit schmieriger Salzkruste und verfaultes stinkendes Wasser entstehen in diesem Zusammenhang gerne vor unseren Augen. Aber weit gefehlt, auf der Belle Ile werden kulinarische Hochgenüsse serviert. Schon beginnend mit dem Frühstück, das aus allerlei Leckereien aus der Käse-, Paté- und Süßecke französischer Super Us besteht, zieht sich das leckere Essen den ganzen Tag über durch. Unser BB (Bernd Bocuse) backt jedes Mal die Baguettes auf, sodass die leckeren von ihm zubereiteten Salate noch besser munden.

Zu den leckeren vegetarischen Essen wie Gemüsecurry von Silke und Risotto von Ute werden allerlei Köstlichkeiten aus den französischen Küstengewässern serviert. Man muss sich nur trauen sie zu kaufen. Entgegen allen Unkenrufen sind auch einige unserer Damen sehr experimentell unterwegs, was die Auswahl der Spezialitäten in der Poisonnerie betrifft.

Für das eine oder andere Getier benötigt man sowohl besondere Gerätschaften, die eher an Zahnarztinstrumente als an Essbesteck erinnern, als auch eine Anleitung, wie man durch die harte Schale an die genießbaren Bestandteile kommt. Unser größtes und längstes Crewmitglied hat hierzu seine eigene Art und Weise entwickelt, wie er die Muscheln und Schnecken besiegt, um seinen großen Eiweißbedarf zu decken. Man braucht dazu einen Steg, eine Bierflasche und solide Schuhsohlen. Die detaillierte Methode mag sich der geneigte Leser gerne selbst vorstellen. Sie erinnert aber definitiv nicht an feines Zahnarzthandwerk.

Ihr seht, der Törn ist unter dem Motto „Kompetenzerweiterung“ gestartet und dies gilt auch kulinarisch. Hier ein paar Bilder der Köstlichkeiten auf der Belle Ile.

Steg, Bierflasche & solide Schuhsohle und die Schnecke schmeckt

Frauenpower

Etliche Seeleute und auch viele Landratten denken oft, dass Segler gestandene Mannsbilder mit Händen wie Bratpfannen, Kreuzen wie Holzfäller und Oberarmen wie manch andere Oberschenkel haben sein müssen, um den Unbilden der Meer und den Kräften eines Segelschiffes Stand zu halten. Auch bei unserer Belle Ile ist das Großsegel mit 81 qm so groß wie eine durchschnittliche 3 Zimmer Stadtwohnung und das Fall deshalb zweifach übersetzt, um die Kraft zu halbieren. Außerdem braucht man noch eine 52er Winsch um der Kraft Herr zu werden.

Deshalb war es sehr bewundernswert wie nach dem ersten Ablegen Freiwillige für das Großsetzen gesucht wurden und sich alle unsere vier Damen (Silke, Christine, Ute und Julia) an Bord umgehend am Mast eingefunden haben. Mit Technik, Ausdauer, sich absprechen und sich abwechselnd war das Groß ruckzuck gesetzt, eine tolle Frauschaftsleistung. Auch beim Piloting waren Julia und Christine sofort bereit ihre Kompetenzen zu erweitern und für die Ansteuerung in Ouistrehem die Detailinfos zusammenzustellen. Die erste operative Manöverleitung einer Halse, die bei unserer Belle Ile wegen des riesigen Großsegels, der Schwerter und den Backstagen nicht gerade banal ist, wurde auch sofort von Christine übernommen. Hut ab vor dem Mut neben der eigenen Kompetenzerweiterung auch den anderen zum Vorbild zu dienen.

Unsere Damen sind wirkliche Vollblutseglerinnen, die keine Bratpfannenhände und Baumfällerkreuze brauchen, sondern sich mit Mut, Engagement, sich absprechend und sich gegenseitig helfend selbst weiterentwickeln. Toll.

Starkwindsegeln

Heute hatten wir den ersten Starkwindtag, mit an die 30 kn Wind. leider gegenan. Wir mussten das zweite Reff im Groß einbinden und die Fock zu 50% einrollen. Trotzdem liefen wir noch mit bis zu 8 kn. Unser Funkgerät war eien große Hilfe. Auf einem Schlag war die ganze Zeit ein Frachter mit 130m Länge hinter uns. Auf dem AIS erkannten wir seinen Namen Svenja. Nach einer notwendigen Wende wären wir direkt vor seinem Bug gefahren. Wir haben ihn auf Kanal 16 über unsere Intention informiert, der Kapitän bedanket sich und drehte bei. Wir konnten gefahrlos wenden. Laut ColReg haben Segelboote vor Motorbooten Wegerecht, unabhängig wie groß das Motorboot ist. Das ist hier einfach selbstverständlich, dass der Stärkere dem Schwächeren ausweicht.

Das Anlegemanöveer versprach aufregend und herausfordernd zu werden. Wir hatten starken Wind von schräg hinten in eine enge Boxengasse hinein und auch noch ablandig. Für die Nichtsegler unter Euch: blöder geht kaum noch.

Bei der Hafeneinfahrt haben wir deshalb den Hafenmeister über unseren Liegeplatzwunsch informiert und ihn angefragt, ob er uns beim Anlegen auf der Pier assistiert. Das hat er (wahrscheinlich ob der nicht perfekten Französischkenntnisse ) etwas falsch verstanden und uns auf Kanal 9 verwiesen. Da meldete sich auch schon umgehend der Französische Seenotrettungsdienst und wollte uns in den Hafen schleppen, weil er einen technischen Defekt vermutete. Nach einigen Fragen und Antworten war die Sache dann aber geklärt, er wünschte uns eine gute Hafeneinfahrt und ein unfallfreies Anlegemanöver, und informierte den Hafenmeister, dass er doch bitte auf den Steg kommen sollte. Der war dann später auch zur Stelle, und hat unsere, von Ralf und Bernd bravourös geworfenen Leinen entgegengenommen und belegt. Dadurch gelang das Anlegemanöver ohne Schrammen am Schiff oder der Mannschaft.

Diese Beispiele sind gelebte Seemannschaft in einem schwierigen Revier, wo jeder jedem ohne jeglichen Standesdünkel hilft. Manchmal wünsche ich mir ein wenig davon auch am Bodensee.

Bleibt uns gewogen, Euer Skipper Hägar, Co Skipper Ralf und alle Bretagniers

Abschied Etappe 1

Die erste Etappe ist zu Ende. Da stellt sich wie immer eine gewisse Melancholie ein. Auf der einen Seite denkt man an die unzähligen Erlebnisse nach, die ersten Tage erscheinen ewig weit weg. Auf der anderen Seite sind die Tage schnell vorübergegangen und man denkt im Scherz nach, wie man denn den Törn verlängern könnte.

Wir haben viel erlebt. Insgesamt sind wir über 500 sm gefahren (für die Nichtnautiker ca. 1000 km). Davon 80% gesegelt und bei 20% war die Tide gegen uns oder der Wind zu schwach so dass wir die Motoren bemühen mussten. Wir haben vier Tidal gates bezwungen (La Teignouse, Raz de Sein, Chenal de Four und das Alderney Race. Das ist ungefähr so als wenn man alle 7000er in den Alpen bezwungen hätte. Alle Alpinisten mögen mir verzeihen, falls die Höhenangaben der Berge nicht ganz stimmen, ich bin halt mehr ein Flachlandnautiker ;-).

Wir sind durch Schleusen gefahren, haben ein Hochwassertor durchfahren und sind auch in einem Flusslauf hinaufgefahren. Wir hatten drei Etappen mit mehr als 60 sm, davon zwei mit mehr als 100 sm Länge. Zwei Nachtfahrten mit nächtlicher Ansteuerung des Hafens waren sehr spannend, aufregend und lehrreich.

Die ganze Crew war sehr engagiert, das tägliche Ablegen, die Passage Planung das Piloting aus den und in die Häfen konnte zum Schluss ganz alleine durchgeführt werden. Die nautischen und seglerischen Kompetenzen sind sehr stark gestiegen. Das Sicherheitsniveau am ganzen Törn war wirklich vorbildlich, so dass keine auch noch so kleinen Verletzungen aufgetreten sind. Eine kleinere von uns verursachte Schramme, und eine von einem unverantwortlichen Segler, der uns in unserer Abwesenheit mit seinem Anker eine Macke in das Oberdeck gefahren hat, sind die einzigen (nahezu unvermeidlichen) Blessuren.

Hier nochmal die Route der Belle Ile mit der Crew 1:

Die vielen Erlebnisse werden in langer Erinnerung bleiben.

Vielen Dank auch an die Leser unseres Blogs und die vielen Kommentare, die uns täglich sehr erfreut haben. Wir hoffen sehr, dass Euch der blog gefallen hat und Ihr Spaß hattet an den Berichten und den Filmen (an dieser Stelle auch noch herzlichen Dank an unsere Blogadministratorin Silke, für die professionelle Unterstützung aus der Heimat).

Der Skipper und er Co-Skipper bedanken sich ganz herzlich für die tolle Crew, die Bereitschaft immer mit anzupacken, früh morgens freudig aufzustehen, mit Begeisterung den Spi zu setzten und zu bergen, die sehr gute und unkomplizierte Backschaft mit den leckeren Essen, die gute Stimmung an Bord die Übernahme von Verantwortung und die Freude an der Kompetenzerweiterung. Eine tolle Gruppe, mit der wir jederzeit wieder in neue Seeabenteuer stechen würden.

Bis bald wieder in der Heimat,

Euer Skipper Hägar und Co-Skipper Ralf

Alderny Race

Liebe Freunde des Hochseesegelns,

gestern stand wieder ein langer Schlag von fast 100 sm an. Wir haben die Bretagne verlassen und sind jetzt in der Normandie. Dazu mussten wir non stop von St Malo nach Cherbourg, da die britischen Kanalinseln Guernsey, Jersey und Alderney Corona bedingt nicht besucht werden dürfen. Die erste Schleuse in St Malo war 0839 Uhr, zusammen mit Fischern, einem großen Zollboot, von einer jungen Zollbeamtin gesteuert und mit mehreren weitern Yachten. Die Schleusung klappte ganz gut, der jahrelangen Hollanderfahrung sei Dank.

An der Ansteuerungstonne konnte dann der Spi gesetzt werden und wir rauschten mit 8 kn den Minkies (einem großen Untiefengebiet in der Bucht von St Malo) entgegen. Nach 2 h mussten wir anluven und nach einem perfekten Kiwidrop (für die Nichtsegler: ein spezielles Manöver um den riesigen Spi zu bergen, das die Neuseeländer erfunden haben) ging es voll und bei weiter gen Norden.

Auf der Höhe von Guernsey war der Segelspass dann aber vorbei, da der Tidenstrom kenterte und der Wind vorlicher kam. Mit leichtem Wind gegen mehr als 2 kn Strom anzukreuzen ist nicht möglich, also die Jockel an. Die mussten sich dann auch kräftig abmühen, und es tut einem im Herzen weh, wenn die Maschinen auf Volllast laufen und man nur 4 oder 5 kn über Grund macht. Das ist aber bei der Strecke anders nicht möglich, da das Alderney race das Tidentor Europas, wenn nicht gar der Welt ist. Im Chanel pilot stand drin, dass dies die Wasserstrasse mit der stärksten Strömung der Welt sein soll, mit teilweise über 10 kn Strom. Der sollte natürlich nicht von vorne, sondern idealerweise von hinten kommen, was die Fahrzeit erheblich verkürzen kann. Den ganzen Tag sahen wir nur einen oder 2 Segler, aber als wir zur vorausberechneten Zeit um 2130 am Eingang des Races ankamen, waren noch 2 weitere Berufsschiffe auf gleichem Kurs. Das gibt dem Skipper doch einigermaßen Gewissheit, dass die Berechnungen stimmen.

Zu dieser Zeit lag das gefürchtete Race aber wie ein Ententeich vor uns. Es herrschte 5 kn, Wind, das Wasser war spiegelglatt und die Sonne schickte sich an dermaßen kitschig unterzugehen, dass man sich fast schon fremdschämen musste ob des Anblicks. Man kam sich fast vor wie auf dem Bodensee, mit dem deutschen Ufer an der Normannischen Küste, der Insel Alderney als Schweizer Ufer, und der Sonnenuntergang über dem Überlinger See. Der Unterschied war nur, dass wir mit den 5 kn Wind 8kn Schiffsspeed herauszaubern konnten mit einem phantastischen Wendewinkel von 60 Grad. Die Strömung von bis zu 6 kn war jetzt mit uns und hat uns diesen tollen Fahrstuhl beschert. Außerdem gab es etliche Eddies, starke Wirbelströmungen, die man tunlichst umfährt.

Die Ententeichstimmung hielt aber nicht für sehr lange. Eine Regenzelle zog auf, und das Race zeigte uns mal seine seefahrerfressenden Zähne. Plötzlich war die Sicht fast weg, nur noch die Kennung des Leuchtturms La Hague war sichtbar, der Wind frischte auf 23 kn auf und ein starker Regenschauer ging nieder. Unsere Reffgrenze ist 20 kn also musste die Steuerbordwache noch ein Reff einbinden, den Kat wenden, und dann ging es ab. Mit über 13 kn Speed über Grund rauschten wir trotz des ersten Reffs unserem Ziel Cherbourg entgegen.

Alle navigatorischen Hilfsmitten wurden benötigt, da es auch noch einige Fahrzeuge wie Fischer oder ein großes Kreuzfahrtschiff auf Reede gab. Und bei permanent über 10 kn Fahrt kommen die doch ganz schön schnell näher. Das Radar, das AIS und der Kartenplooter leisteten wichtige Dienste.

Die Einfahrt in Europas größtem manmade harbour mitten in der Nacht war auch nicht gerade einfach, gab es doch eine Vielzahl von beleuchteten Tonnen, Feuern in Linie, Sektorenfeuern und Hafeneinfahrtsfeuer. Das ganze vor einem Lichtermeer der großen Stadt Cherbourg.

Gleichzeitig wieder ein starker Querstrom. Marion konnte dann den Hafenmeister um 0100 Nachts erreichen und er wies uns tatsächlich noch einen Liegeplatz zu, den wir dann um 0200 erreichten. Dann konnten wir erschöpft aber glücklich endlich auf Stefans runden Geburtstag anstoßen das zu diesem Zeitpunkt schon 2 Stunden überfällig war. Nach einigen Fläschchen Geburtstagssekt war dann die nötige Bettschwere erreicht und der heutige Hafentag konnte genossen werden.

Heute gab es auch frische Austern, Zum Öffnen haben wir ein tolles Gerät entdeckt, das sie Verletzungsgefahr doch stark verringert.

Morgen geht es weiter und Barbara und Tom versuchen einen einigermaßen machbaren Passageplan für die nächsten Tage zu entwickeln.

bleibt uns weiterhin gewogen.

Euer Skipper Hägar

Ganz schön verströmt

Durch die Wettervorhersage mit nur schwachem Wind und Regen für den Nachmittag und die kommende Nacht, haben wir unser eigentliches Ziel Cherbourg vertagt und uns als Tagesziel für Saint Malo entschieden.

Das Ablegen und die Ausfahrt aus dem Hafen Saint-Quai-Portrieux gelang dem Co Skipper Ralf wie erwartet und wir konnten schon bald die Segel mit Kurs zum Zielhafen setzen. Wegen schwächelndem Wind, mussten die beiden Motoren zwischendurch unterstützen um gegen den noch herrschenden Strom ausreichend Fahrt zu machen.

In Saint Malo kommt der zweithöchste Tidenhub der Welt vor und für heute sind 11 Meter angesagt. Der vom Skipper ausgewählte Hafen das Basin Vauban, befindet sich direkt am historischen Stadtkern von Saint Malo. Der Hafen selbst, kann nur durch eine Schleuse erreicht werden, die immer 2,5 Stunden vor und nach Hochwasser öffnet. Das Hafenbecken ist dann wie eine große „Badewanne“ mit stets dem selben Wasserstand.

Durch das enge Zeitfenster mußten die Bootsgeschwindigkeit über Grund und die gesetzten Wegepunkte fortlaufend kontrolliert werden, damit wir die Schleuse erreichen.

Für mich als Tidenneuling sind die warnenden Worte „beachtet die Strömung“ von Skipper Hägar schon zur Routine geworden, bis ich diese selbst erleben konnte. Bei der Rundung des Cap Frehel kommen wir den wunderschön von der Sonne angestrahlten, grünen Felsen plötzlich sehr nahe was nur die Fotografen unter der Crew erfreute.

Cap Frehel
Der Pilot Plan für die Einfahrt

Unsere beiden Pilot Planer Stefan und Marion setzten sich frühzeitig vor die Karten und Bücher, um unsere Einfahrt in die Bucht von Saint Malo sicher zu planen.

Der Pfeil zeigt die Einfahrt ins Fahrwasser

Als mir ab der Ansteuerungstonne der Kurs genannt wird, musste nicht nur ich zweifeln. Wir fuhren mit 30 Grad ab vom Kurs direkt auf die Felsen zu. Der Bug der Belle Ile zeigte auf ein nach rechts abzweigendes Fahrwasser samt Felsen. Als uns der Strom mit nur 2 Knoten packte, sahen wir wie gut doch der Kurs mit Hilfe des Strömungsdreiecks berechnet war und wir genau mittig im richtigen Fahrwasser landeten. Als endlich die beiden grünen Lichter der Deckspeilung eingeschaltet wurden, entspannte sich die allgemeine Stimmung und wir können sicher den Kurs in Richtung der Hafeneinfahrt fortsetzen.

Für mich war die heutige Ansteuerung ein großes Stück Kompetenzerweiterung und ich werde dies nicht vergessen. Schon die Engländer beschreiben in der nautischen Literatur, dass so mancher ungeübter Steuermann an der Tidenströmung verzweifelt und sein eigenes Armagedon erleben wird.

Letztendlich kamen wir sicher und sogar eine halbe Stunde zu früh vor der Hafenschleuse an. Skipper Hägar demonstrierte nach Yachtmaster Manier, wie eine Tonne bei Strom und Wind angesteuert wird. Andrea erwiese sich dabei als exzellente Bojenfängerin und so konnten wir vor dem Schleusenmanöver ein wenig durchatmen.

Skyline von Saint Malo
Erfolgreiches Bojenmanöver

Nach längerer Liegeplatzsuche wurde die schäbisch-bretonische Freundschaft bei Marions schwäbischem Kartoffelsalat und frischem bretonischen Fisch, zubereitet vom Skipper gefestigt. Ja, der Skipper entwickelt sich zusehends zum Spitzenkoch für fangfrischen Fisch. Die weiteren Crews können sich darauf freuen.

Der neue Stern am Kochhimmel
Stefan beim Zerlegen der Scholle

Heute steht ein sonniger Hafentag in Saint Malo an, den wir nach dem Regen und der kälte von Gestern gut gebrauchen können.

Hägar und Tom sitzen bereits an der Planung für unseren langen Schlag nach Cherbourg. Wir melden uns dann wie gewohnt mit neuen Abenteuern.

Für heute machts gut, im Namen der Crew der Belle Ile Matthias

P.S. Ein Bild nach dem Ablegen vom Vorschiff

Zwei junge Damen unterhalten sich auf dem Vorschiff angeregt und amüsiert über ihre Enkel (in diesem Zusammenhang wurde es mir (Skipper) strengstens untersagt das Wort „Omas“ zu verwenden, was ich hiermit auch ausdrücklich nicht tue)

Nebel

Liebe Freunde, gestern ist so viel passiert, dass ich erst heute dazu komme das Erlebte zu berichten.

Angefangen hat der Tag ganz o.k. es regnete zwar, aber direkt am Hafen gab es einen wunderschönen Exotischen Garten, um ein tolles Felsensemble herum (Cote de Granite Rose). Im 18. und 19. Jhd gab es sehr viele französische und englische Botaniker, die Seefahrten in die ganze Welt gemacht haben und von überall exotische Pflanzen mitgebracht haben. Viele dieser Pflanzen werden in Roscoff im Jardin exotique 🌴 vermehrt und man kann sie in dem sehr apart angelegten Park besichtigen.

Um 1200 sind wir dann abgelegt, mit herrlichem Wind aus Westen, so dass wir zunächst gegen die „foul tide“ gut gegenan fahren konnten, und nach der Stromkenterung mit über 10 kn unserem Ziel Treguier entgegenrasten. Treguier ist ein Hafen ⚓, den man durch einne 6 sm langen gewundenen Flusslauf in einer Fjordartigen Landschaft erreicht. Die Ansteuerung in die Flussmündung und auch die Navigation im Flusslauf selbst sind wegen der Untiefen und der Strömung höchst anspruchsvoll. Aber die Kompetenzen der Crew wachsen rasant, und Helmut hat einen perfekten Piloting Plan für die Einfahrt erstellt.

Treguier liegt weit im Landesinneren

Den Ansteuerungspunkt zwischen den äußeren Felsen haben wir dann auch bestimmungsgemäß erreicht und wollten das erste Tonnenpaar ansteuern, mit der Peilung einer Kirche mit einem Wasserturm. Beide sollten von See aus gut zu sehen sein. Aber pünktlich zur Einfahrt fiel ein dermassen Nebel über uns herein, dass man buchstäblich die Hand nicht mehr vor den Augen sehen konnte. Die Sicht betrug nur noch 300-500 m. Für die Asterix-Fans unter Euch: Im Band Asterix bei den Briten fahren die Gallier mit ihrem Cousin Teefix in einem Fischerboot über den Ärmelkanal. Es schüttet fürchterlich. Asterix fragt, ob das Wetter hier immer so schlecht sei? Der englische Cousin antwortet entrüstet „Oh now, only if there is no fog“. Exakt das waren die Bedingungen gestern.

Da auch noch heftiger Strom herrschte mussten wir schnell entscheiden. Ein Einlaufen in dieses enge gefährliche Fahrwasser war unter diesen Umständen lebensgefährlich. Deshalb mussten wir abdrehen. Die Nautiker unter Euch wissen ja, dass man immer Ausweichhäfen sowie B und C Pläne auf See haben sollte. Wir beschlossen noch 25 sm weiter zu fahren zum Hafen Saint Quai, der bei jedem Wetter und Tide anlaufbar ist. Da die Gezeit schon weit fortgeschritten war, mussten wir uns beeilen und eng an der Küste entlang durch Eddies, overfall and tidal races hindurch, um nicht in starke Gegenströmungen zu kommen. Die Eddies waren beeindruckend. Mitten auf dem aufgewühlten Wasser gibt es eine glatte Fläche mit ein paar hundert Meter Durchmesser, die sich in einem Wirbel dreht. Die meisten konnten wir umfahren, einer hat uns erwischt und die Belle Ile wurde um 30-40 Grad herumgerissen. Andrea am Steuer hatte alle Mühe das Schiff wieder auf Kurs zu bekommen.

Um in den Ausweichhafen zu kommen, mussten wir um das Kap Bréhat

Die Sicht wurde glücklicherweise besser und wir konnten mit einigen Peilungen unser Fahrwasser zwischen den Felsen und Riffs finden. Die zwischenzeitlich doch deprimierte Stimmung erhellte sich weiter, als Stefan und Barbara eine sehr leckere Chili con Carne mit viel frischem Gemüse (gegen das Skorbut) inmitten der Küstennavigation aus der Kombüse gezaubert haben. Schon Captain Cook wusste, dass gesättigte Seeleute deutlich zufriedener sind. So haben wir dann mit dem letzten Tageslicht und mit nur leichtem Gegenstrom und den Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne um 2230 unseren neuen Hafen Saint Quay erreicht. Hier wird man 24/7 von einem Hafenmeister empfangen und zu dem Liegeplatz geleitet. Die aufregenden 65 sm des Tages steckten jedem in den Knochen und nach einem Anlegeschluck war dann die Aufregung vergessen und die Crew fiel müde und erschöpft in die wohlverdiente Kojenruhe.

Bleibt uns gewogen, wir melden uns wieder.

P.S. Der erste Ralfi und Hägi Take ist im Kasten, wir warten auf Upload-Möglichkeiten…..

Euer Skipper Hägar und die Bretagniers

Sonnig und schön

Heute hatten wir mal keinen Nordwind, sondern leichten Westwind mit 3-4 bft. Schon war es viel angenehmer mit Sonne und erträglichen Temperaturen. Da wir Richtung Osten segelten konnten wir sogar zum ersten Mal den Spinnaker setzen. Für die Nicht-Nautiker unter Euch, das sind die bunten und sehr großen Segel, die man nur setzen kann wenn der Wind von hinten kommt. Das war fast ein Sommerfeeling, mit 8-10 kn Wind und 5-7 kn Bootsgeschwindigkeit. Dazu hatten wir wieder die ideale Passageplanning mit Strom von hinten. Der Spi ist riesig, so um die 200 m2 und hat uns gut gezogen. Geborgen hat ihn die Vorschiffscrew um den Vorschiffschef Tom herum mit einem Kiwidrop. Für diejenigen die dieses Manöver nicht kennen, wird Tom das sicher nochmal im Blog erklären.

Spannend war auch die Durchfahrt durch den Kanal de Batz. Silke wird dazu sicher noch den einen oder anderen Film dazu hochladen (Vielen Dank dafür). Marion und Nicki haben dazu einen sehr akribischen Pilotplan erstellt, der absolut nötig war für die enge und anspruchsvolle Durchfahrt.

Zum Abendessen gab es heute lecker Kicherer-Erbsen Cury mit Reis, von Barbara super zubereitet, mit Indien-Feeling. Das hat die ganze Crew nach der schönen Fahrt gefreut.

Bleibt uns treu, Eure Bretagniers.

Muschelbänke

Liebe FreundInnen,

im Moment haben wir Spring-Niedrigwasser, das heißt ein sehr niedriges Niedrigwasser. Das eröffnet ungewöhnliche Einblicke in die Unterwasserwelt. Wer schon immer mal wissen wollte, wie denn Muschelbänke unter Wasser aussehen, hat jetzt gute Chancen dazu. Hier mal 2 Bilder, die ich so auch noch nicht gesehen habe:

Muschelbänke
Muschelbänke bei Niedrigwasser

Die Muschelbänke sind ca. 1 Meter hohe Gestelle, die in parallelen Reihen in Richtung Ufer aufgereiht sind. Am Ende der Bänke stehen Stagen. Es empfiehlt sich also die Stangen seeseitig zu umfahren, auch wenn es dahinter nach tiefem Wasser aussieht.

An den Bänken hängen Leinen an denen sich Algen und die Muscheln ansiedeln. Bei Niedrigwasser „ernten“ die pecheurs au pieds (zu Fuss Fischer) die Muscheln. Auf dem Bild könnt ihr 2 „Fischer“ erkennen.

Wir warten jetzt noch ne halbe Stunde, bis der Ebbstrom in den Flutstrom kentert und legen dann so gegen 12.00 ab mit dem neuen Ziel Roscoff.

Bleibt uns gewogen, wir melden uns wieder.

Eure Bretagnecrew

Chenal de Four

Wie vorhergesagt ist heute der Wind abgeflaut auf 4 bft, und wir konnten weiter. Die Crew hat einen Passageplan erstellt, um die Tiden optimal zu treffen. Die Idee war mit dem Rest des Ebbstroms bis zum Kap bei Saint Mattieu zu segeln (unten in der Mitte), mit Strom von hinten, und dann genau zum Wechsel der Tiden dort zu sein. Dann würde der Flutstrom von hinten uns durch den Chenal de Four schieben. Das wäre sehr praktisch, da der Wind von Norden kam und wir durch den recht engen und mit Untiefen, Felsen und Leuchtfeuern gespikten Kanal kreuzen mussten. Die Berechnung von Stefan, Barbara und Helmut ergab, dass wir um 9.00 Uhr auslaufen mussten, um exakt zur richtigen Zeit am Kap zu sein. Also herrlich ausschlafen, Duschen und ausgiebig frühstücken. Ein toller Plan für den Start des sonnigen Tages, haben wir getern doch in einem Restaurant gut gegessen und getrunken und auch den Rückstand beim Weinkonsum aufgeholt.

Aber Pfeiffendeckel. Am Abend kam Joe Wichtig zu uns (der Skipper eines noch größeren Kats als unserer) und zeigte auf sein Prachtstück, das vor uns lag. Er wolle am nächsten morgen um 0600 auslaufen und er hätte es schon mit dem Hafenmeister ausgemacht, dass es für ihn zu knapp wäre bei dem Wind an uns vorbeizufahren. Kurzum wir sollten um 0600 auch schon verlegen. Meine Nachfrage, wohin er denn so früh wollte war La Coruna. Das sind über 300 Seemeilen, also 48 h plus/minus 6h oder noch mehr. Ausserdem wollte er durch kein Tidentor sondern beim Raz außen rum. Also vollkommen egal, ob er 2 Stunden früher oder später loskam. Aber er bestand darauf……..

Wir mussten also um 0600 das Schiff im engen Hafen drehen, ein etwas heikles Manöver, da noch Querwind herrschte. Darum musste die ganze Crew sehr früh aufstehen :-(. Das Manöver glückte aber einigermaßen und der Tag begann zwar früh, aber glücklich.

Nachdem dann der Wind im Englischen Kanal abflaute, sind wir nach L’Arber Wrac’h gefahren, da unser Wunschziel Roscoff nicht erreichbar gewesen wäre. Die Strömung wäre wieder gekentert, und mit 3 kn gegen uns gelaufen. Da wären wir bei dem wenigen Wind nur schwer gegenangekommen.

So liegen wir jetzt herrlich an einer Boje und erfreuen uns des Lebens. Ralf hat sein Bier, die Köchinnen ihren Kochwein, auch der Skipper vor dem Laptop wird bedacht mit leckerem Rosé.

An der Boje oder vor Anker muss ein Katamaran immer mit einem Hahnepot festgemacht werden (das ist eine Leine nach links und nach rechts). Mit nur eienrLeine würde er unkontroliert schwojen.

Und noch ein herzlichen Dank an die Heimat-Kommunikationscrew Silke, die uns so toll mit den Filmen unterstützt.

Eure Bretagniers