Ebbe (Ablaufendes Wasser)

Liebe Freunde, die Rodaan ist im Wasser, das Regatta- und Gennakertraining absolviert und ich bin wieder aus Washington zurück. Deshalb habt ihr so lange keinen Beitrag im Blog mehr gefunden.

Die letzte Aufgabe war auch etwas tricky, darum gab es wohl auch einen regen Kommentarverkehr mit Berechnungen und Tips. Das ist prima, denn gemeinsam kann man seine Kompetenzen am besten erweitern. Die richtige Antwort war: der Smut hat ca. 2 h Zeit nach Meeresfrüchten zu suchen, da der Kat ca. 4,5 h hoch und trocken liegt. Es scheint also ein tolles Menü zu werden ;-).

Der FCI hat noch eine graphische Methode gefunden, wie man das ermitteln kann:

Trockenfallen zeichnerisch

= 3,27m
abzüglich Tiefgang:
=2,51m

2. Zeiten für 2,51 Tidenhöhe:

Trockenfallen zeichnerisch 2

Das sind also die offiziellen Daten aus maree.info. Man sieht also, dass die genauere Rechnung mit der 12er Regel ziemlich trifft, wenn die Tidenkurve wie hier nahezu sinusförmig ist.

Den Überblick über die Bretagnesterne habe ich verloren, fühlt Euch alle mit Sternen bedacht.

WP_20180821_13_47_22_Pro

Hier noch ein Bild eines trockengefallenen Plattbodenschiffs in der Waddenzee vom letzten Jahr. Man erkennt schön, dass sich das Wasser schon bis zum Heck zurückgezogen hat, der Smut über die Leiter trockenen Fusses aussteigen konnte und er schon den Grill auf der Grolsch-Bierkiste aufgebaut hat. Wahrscheinlich ist er gerade beim Austernsuchen….

Ob wir mit dem Katamaran wirklich trockenfallen werden, wird sich zeigen, das hängt von vielen Dingen ab (z.B. Wetter, Untergrund, wann schwimmt man wieder, Ruderblattaufhängung, Loggeeinbauort…). Die Übung war trotzdem wichtig, zeigt sie doch dass man ziemlich lange festsitzt, wenn man bei ablaufendem Wasser, also bei Ebbe (le jusant, la maree decendante), aufsitzt. Man muss unter Umständen recht lange warten muss bis man wieder schwimmt. In unserem Fall erreicht das Wasser den Kat so um halb fünf, und frühestens um 17.00 Uhr schwimmt er, und man kommt wieder frei. Das heißt man saß 6,5 Stunden fest. Das ist prima bei schönem Wetter, wenn man Grillgut dabei hat, und wenn man sich das geplant hat.

Blöder ist es wenn es unabsichtlich passiert. Man versucht in Tidengewässern nach Möglichkeit mit dem Strom zu fahren, d.h. der Strom schiebt mit. In vielen Kanälen und Durchfahrten kann der Strom durchaus mit 2-4 kn fließen. Um die Geschwindigkeit über Grund zu ermitteln muss man dann noch die Geschwindigkeit durchs Wasser dazuzählen, so dass man durchaus FüG von 8-12 kn erzielen kann. In engen und gewundenen Fahrwassern ist das ganz schön schnell, und die Tonnen fliegen nur so vorbei. Macht der Navi oder der Steuermann nun einen Fehler, und man kommt vom Fahrwasser ab, läuft man auf. Bei dieser Geschwindigkeit über Grund wird das Schiff so weit auf die Sandbank geschoben und/oder der Kiel gräbt sich so tief in den Sand, dass ein loskommen kaum mehr möglich ist. Selbst sofortiges Rückwärtsfahren mit dem Motor reicht oft nicht aus, wenn z.B. der Wind noch in die Segel drückt. Birgt man zuerst die Segel, ist Zeit vergangen, und das Wasser ist weiter gefallen. Man kommt also erst recht nicht los. Jetzt sitzt man fest und man muss den Rest der Ebbe und die gleiche Flutzeit abwarten bis man wieder schwimmt. Das kann sehr lange dauern und evtl. ist es bis dahin Nacht, das Wetter hat sich verschlechtert, oder man hat keinen Proviant mehr. Also, man sollte bei ablaufendem Wasser in Kanälen, Durchfahrten und in der Nähe der Küste sehr sorgfältig und aufmerksam navigieren, am besten zu zweit. Ansonsten kann das sehr lange dauern bis man sein angestrebtes Ziel erreicht.

Bei Flut sieht das ganze deutlich entspannter aus. Wenn man da aufsitzt muss man nur eine gewisse Zeit warten, bis das auflaufende Wasser einem wieder Manövriermöglichkeiten gibt. Diese Taktik wird sogar aktiv angewendet. Wenn man in der Niederländischen Waddenzee z.B. von Ameland nach Lauwersoog will muss man über 3 Wantijs (das sind Wattenhochs, keine fernöstlichen Teigvorspeisen;-)) fahren. Hierzu gibt es nur ein sehr enges Zeitfenster. Um dieses optimal ausnutzen zu können, fährt man den ersten Wantij etwas vor der errechneten möglichen Durchfahrtszeit an, und fährt so lange bis man aufsitzt. Dies sollte man natürlich am Rande der Fahrrinne machen, denn es gibt ja auch Boote mit geringerem Tiefgang, die jetzt schon passieren können. Die Skipper derselben wären sehr sauer wenn man die Fahrrinne komplett blockieren würde. Dann wartet man ab, bis die Flut das Schiff wieder schwimmen lässt, und man „schrubbert“ über den ersten wantij um ein möglichst langes Zeitfenster für die weiteren Wantijs zu haben. Der FCI und die Tati erinnern sich sicherlich an diverse Fahrten mit dieser Taktik, die für einen „Nichtwaddensegler“ etwas befremdlich daherkommt.

Nun zur heutigen Aufgabe, diesmal ohne Rechnen:

Was ist denn der Unterschied zwischen Auflaufen, Trockenfallen und Stranden?

Die originellsten Erklärungen bekommen einen imaginären Bretagnestern auf die Schulterklappen.

Bleibt und gewogen, Euer Hägar

0 Gedanken zu „Ebbe (Ablaufendes Wasser)“

  1. Ich würde sagen Auflaufen ist das unfreiwillige Verweilen auf Grund mit Chance wieder frei zukommen.
    Trockenfallen würde ich als geplantes und freiwilliges Verweilen auf Grund bezeichnen, im Idealfall ganz ohne Wasser unterm Kiel, mit der Garantie freizukommen (bei guter Planung ;-))
    Und Stranden das komplett unfreiwillige Verweilen auf Grund ohne Chance aus eigener Kraft je wieder freizukommen 🙁

  2. Wer nicht unbeabsichtigt auf Untiefen aufläuft oder in Küstennähe dauerhaft strandet, der kann in Tidenrevieren auch gewollt Trockenfallen, wenn er mal eine Pause machen möchte und weder ankern noch in einen Hafen möchte.

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