Eng gedrängt

Liebe Freunde,

wer den Blog bisher aufmerksam verfolgt hat, konnte wohl schon bemerken, dass ich gewisse Hochachtung vor den französischen Hafenbauern habe. Wie sie es schaffen in diesem mit Strömung und permanentem Wasserstandsänderung „verseuchten“ Gebiet sichere und vor allem kapazitätsreiche Häfen zu bauen ist beachtenswert. Die Krönung ist unser heutiger Hafen Port Tudy auf der Ile de Groix. Eigentlich ist das Hafenbecken putzig klein, und man benötigt auch noch Platz für eine Fähre incl, eines „Wendehammers“ für dieselbe. Dann noch 6 m Tidenhub, wie bekommt man da viele Segler unter, die diese herrliche Urlaubsinsel besuchen wollen? Recht einfach: man setzt einfach 8 dicke Bojen, mit einem fetten Betonklotz in die Hafenmitte, und stellt einen engagierten Hafenmeister mit einem stark motorisierten Schlauchboot ein. Der sortiert die einlaufenden Yachten unter lautstarken französischen Kommandos tatsächlich so um die wenigen Bojen, dass zum Schluss nahezu 60 Yachten inclusive unserer Belle Ile, die eigentlich für 4 kleinere Schiffe zählen müsste, in dem kleinen Becken liegen. Ohne Schwimmsteg und ohne Muring oder sonstigen teuren Vorrichtungen. Man muss zwar mit dem Schlauchi an Leitern fahren, die bei Niedrigwasser an alpine Klettersteige erinnern und hat auch keinen Strom. Aber für die Hafengebühr von 21 Euro für unser 17m mal 8m Schiff ist das äußerst annehmbar. Hier könne sich die Kurtaxenaffinen Bodenseehafenkapitäne mal wieder ein Beispiel nehmen. Außerdem wurde in dem Hafenbecken noch eine variable Anlegestelle für die Autofähre von Lorient integriert.

Mit einfachen Mitteln viel zu erreichen ist schon eine ausgeprägte Kompetenz der Bretonen. Freut Euch schonmal auf den Drohnenfilm von Silke, die sich mittlerweile zu einer wahren Kunstflugpilotin entwickelt hat, und schon den einen oder andern Luftkampf gegen angreifende und keifende Möwen gewonnen hat.

Euer Skipper Hägar

Oscar und Onkel Paul

Die wirklich wichtigen Dinge sind in den letzten Tagen nicht in der Bretagne passiert. In Hamburg wurde Klein-Oscar geboren, einen herzlichen Glückwunsch an die junge Familie mit den Eltern Nina und Peer. Egal wozu sich Oscar später berufen fühlt, ob als Lautern oder Pauli-Fan, ob als Balletttänzer oder als Segler oder als irgendwas anderes, ich bin mir sicher Ihr werdet ihm das richtige Rüstzeug mitgeben, seinen Lebensweg zu gehen. Geniest einfach den neuen Lebensabschnitt als Familie, die Unterstützung aus der Pfalz, aus dem Schwabenland und auch aus Flensburg habt ihr zu jeder Zeit. Auf jeden Fall führt jetzt an „Opa Hägar“ kein Weg mehr dran vorbei….. 😉

Paul ist auch in dieser Zeit des Jahres geboren, heute vor 26 Jahren erblickte er das Licht der Welt. Auch Dir einen herzlichen Glückwunsch und viel Freude und Erfolg in dem neuen Lebensjahr.

Und Julius hatte am 17.7. Geburtstag und wurde 17. Auch Dir alles Gute und viel Spaß im letzten Jahr vor Deiner Volljährigkeit. Es gibt in den kommenden Jahren also noch mehr zu feiern in diesen Tagen. Hoffentlich viel auf See beim Segeln.

Die unwichtigeren Dinge geschehen dagegen hier in der Bretagne. Gestern war ein Hafentag vor allem mit Einkaufen, aber auch Eis essen, Kaffee und Bierchen trinken.

Die Einkaufshelden – Taxi Mangelware – stattdessen wurde der Einkauf mit dem Einkaufswagen quer durch die Stadt bugsiert um anschließend auf die Fähre (im Hintergrund) verladen zu werden

Wahlweise im Programm war eine Wanderung an den lauschigen Ufern des Odet entlang, der als einer der schönsten Flüsse Europas beschrieben wird.

Der Weg war wunderschön mit einigen für einen Hochseesegler fast schon hochalpinen Passagen. Auch die Dichte der Pfälzerwaldvereins-Hütten ließ am Anfang zu wünschen übrig, nicht einmal ein Hinweisschild auf die nächste Einkehrmöglichkeit und die Sonne brannte erbarmungslos den Wunsch nach einer kühlen Rieslingschorle in die Hirne der erschöpften Wanderer. Dann wie aus heiterem Himmel die Erlösung. Mitten im Wald hörten wir auf einmal das Glockengeläut einer Kirche. Dem einen oder anderen gingen bei diesen Tönen die Sünden der letzten Tage durch den Kopf, und wie der sie denn beichten könne, die Pfälzer hatten sofort die richtigen Schlüsse gezogen: Wo eine Kirche ist ist ein Dorf. Im Dorf steht die Kirche oft auf dem Dorfplatz. Am Dorfplatz gibt es eine Kneipe. Nach einer viertel Stunde Navigation nach Gehör sassen wir dann tatsächlich in einer Kneipe mit einem kühlen Radler (sowas wie die bretonische Variante einer Rieslingschorle, war uns aber egal).

Beim Rückweg kamen wir über die Brücke des Odet und konnten die hafenbaulichen Kunstfertigkeiten der Bretonen bewundern. Wo es irgend geht wird eine Boje verankert, und schon hat man einen neuen Liegeplatz. Geht doch auch einfach, ohne Planfeststellungsverfahren, Bebauungsplan und Bauantrag mit Statikberechnung in 18-facher Ausfertigung. Wer genau hinschaut kann unsere Belle Ile sicher erkennen.

Heute Morgen haben wir dann den Rest der nächtlichen „brise de terre“ genutzt und sind um 0730 abgelegt zum nahen Archipel „Iles de Glenan“ der Karibik in Europa. Hier ankern wir vor einen traumhaften Sandstrand mit türkisblauem Wasser. Alle waren schon schwimmen, auch wenn die Wassertemperatur nicht unbedingt karibischen Gegebenheiten entspricht. Das Archipel ist sehr beliebt, so dass es hier sogar eine Seenotrettungsstation mit einem Kreuzer gibt. Die Besatzung desselben ist äußerst aufmerksam. Eine Schwimmerin wollte zu ihrem Boot zurückschwimmen, und wurde durch den Strom abgetrieben. Tom, unser Geheimagent 008 kam den Seenotrettern zuvor und rettete die Erschöpfte vor den Augen der Profis. Aber Respekt vor der SNSM, dass sie in dem Gewühl von Ankerliegern, Schwimmern, Paddlern und unzähligen Segel- und Surfschülern so aufmerksam waren.

Außerdem ist kurz vor der Einfahrt in die Glenans uns noch die IMOCA 65 „Yes we Cam“ entgegengekommen. Die Segler unter Euch wissen, dass dies das Boot des bretonischen Vendée Globe Helden Jean Le Cam ist, der Anfang des Jahres bei der Einhand non-stop Weltumsegel-Regatta einen Landsmann mitten im Südpazifik aus der Rettungsinsel gerettet hat. Dabei war ja auch unser deutscher Segler Boris Herrmann dabei, um bei der Suche zu helfen. Ob Jean heute allerdings an Bord war hat sich uns nicht erschlossen, einen solchen berühmt-berüchtigten Segelboliden aber live so nahe an sich vorbeisegeln zu sehen, ist schon sehr beeindruckend. Es ist hier schon ein besonderes Gewässer, das immer wieder mit Überraschungen aufwartet.

Bleibt uns gewogen wir melden uns bald wieder.

Euer Hägar

Fast wie normaler Urlaub

Heute ist ein toller Tag. Anker auf in der romantischen und lauschigen Ankerbucht mit Sonnenschein bei leichten NE Winden, und gleich den Spi gezogen. Ist allerdings ein kurzes Vergnügen der Wind schläft ein. Da wir nach dem Passageplanning um 1200 am Eingang des Raz de Sein sein müssen, müssen die Maschinen mithelfen. Um Punkt 1200 stehen wir dann mitten im Kap Hoorn Europas, die sagenumwobenen Leuchttürme La Vieille und La Plat an Backbord, und den Leuchtturm Le Chat an Steuerbord. Heute ist das Raz de Sein wie ein Ententeich, kein Wind, kein Nebel, kein Regen und Dank guter Planung auch kein Strom. Fast nicht vorstellbar, dass dies eines der gefährlichsten Ecken der Europäischen Meeresgewässer ist. Viele andere Segler sind um uns herum, die haben wohl unseren Passageplan aus dem Blog kopiert. Das zeigt aber auch dass unsere wackeren Planning-Kempen Uli, Sabine, Sophia und Axel gute Arbeit geleistet haben.

Später kam dann noch ein Westwind mit 3-4 bft, also von schräg achtern. Super Verhältnisse für den Spi. Mit bis zu über 7 kn Geschwindigkeit rauschen wir unserem Ziel Benodet/Saint Marine entgegen. Durch clevere Halsenplanung von Uli, kommt selbst unser Regattasegler Tom auf seine Kosten. Lässt er doch etliche andere Segler (auch mit Spi) im Heckwasser. Außerdem ist es heute sehr warm, nur kurze Hosen und T-Shirt. Gestern ging das Atlantikschwimmbattle zwischen den Damen und den Herren unentschieden 4 zu 4 aus. Ein Extralob an denjenigen unserer werten Leserschaft, der die 4 Männer erraten kann, die es wagten sich in die 16 Grad kalten Fluten zu stürzen.

Jetzt liegen wir in Saint Marine in einer Flussmündung in einem sehr süssen Städchen, direkt an der belebten Hafenmole. Ein touristisches Highlight. Unser Bord-Bocuse Fritsch steht schon am Herd, es duftet hervorragend und der Dokumentattor hat Schwierigkeiten sich auf den Text zu konzentrieren. Der Anlegepernot tut dazu sein Übriges. Morgen bleiben wir hier, da sich wenig Wind angekündigt hat, und wir werden einen „Urlaubstag“ einlegen. Haben auch alle verdient, die Crew ist hochmotiviert und kompetenzerweiterungswillig. Sogar Fritsch hat sich heute gewagt die Ansteuerung in die Flussmündung zu machen, trotz unübersichtlichem Verkehr und zahlreichen Tonnen und Leuchtturmpeilungen.

Bleibt unserem Blog treu und ratet mal welche Männerhelden sich zu allen Damen in die eisigen Fluten des Atlantik gesellt haben.

Liebe Grüße Euer Skipper Hägar

Höhlenkunde

Heute war ein sehr relaxter Tag. Ablegen erst um 0915 (wurde dann 0930) durch überlanges Frühstück) danach leichte Winde 3-4 bft von achtern. Also herrliches Spinackersegeln, zunächst mit etwas Atlantikdünung, danach wie am Bodensee. Zum Schluss mit über 8 kn um das Cap de Chèvre herum. Sogar zum Mittagessen gab es heute Wein, schon Captain Blight wusste um die stimmungserhöhende Wirkung alkoholischer Getränke. Dann unser heutiges Ziel, ein wahrer Hauptgewinn. Morgat in der Bucht von Douanerez.

Der Hafen ist zwar zu klein für unsere Dicke Berta, aber daneben gibt es eine sehr lauschige Ankerbucht mit Sandstrand und herrlicher Kulisse von alten Villen und mächtigen Felsen. Und das absolut Beste daran: keine 500 m entfernt gibt es Höhlen, die man mit dem Beiboot befahren kann. Nach dem leckeren Abendessen von Ute sind die wackeren Kämpen der Belle Ile mit zwei Schlauchbooten zur Höhlenexpedition aufgebrochen. Und das war wirklich spektakulär.

Die Kathedrale mit 100 m Länge und 10 m Höhe mit phantastischen Felsformationen. Eine schlundartige Öffnung in der es dicke zapfenartige Steinformen gab, man fühlte sich wie Jonas im Walmagen. Die Farben der Steine in hell-leuchtenden unterschiedlichen Farben. Wir konnten uns nicht satt sehen. Mit dem Schlauchi konnten wir tief in die Klippenlöcher einfahren, einmal sogar in ein Loch rein, und aus einem anderen wieder raus. Was ein spannendendes Abenteuer. Vor den Höhlen gab es ein Felsentor, durch das man durchfahren konnte. Haben wir zunächst nicht gewagt, dann haben wir aber doch den Mut gefasst. Das war aufregend, insbesondere für Ute, die befürchtete die Brücke könne brechen. Ging aber gut, schließlich hält das Tor ja schon 10 Tausende von Jahren, warum sollte es ausgerechnet jetzt zusammenbrechen?????

Nicht so gut ging es heute Karsten und Christine. Wir haben zwei (leichte) Verletzungen. Karsten hat sich beim Spimanöver den Knöchel geprellt, und Christine hat sich den Finger beim Großsetzen aufgerissen. Aber wir haben ja unseren Schiffsdoc Günther, der schon ganz andere Verletzungen verarztet hat, u.a. wird gemunkelt, dass er bei Lord Nelson in Trafalgar dabei war, (Lord Nelson konnte danach leider bekannterweise sein Heimatland nicht mehr lebend betreten, aber das war sicher nicht die Schuld von Doc G.). Die Wunde von Christine wurde kurzerhand mit einer am Gasherd rotglühend erhitzten Schere ausgebrannt, Karstens Bein mal kurz mit der Eisensäge, die normalerweise als Wantenschneider dient, amputiert. Aber sonst geht es allen gut. (Ralfi meint an dieser Stelle, dass der Erzähler so langsam vom Sprüche klopfen ins Lügen abdriftet)

Morgen geht es zu unserem Endhafen Brest,ein schöner Segeltag steht uns noch bevor.

Bleibt uns gewogen, und vielen Dank für Eure tollen Kommentare, die wir immer gerne lesen.

Eure Bretagniers.