Gestern in der engen Ausfahrt aus St. Gilles mit einer scharfen Kurve von 90 Grad bemerkten wir, dass unsere „Belle Ile“ fast nicht auf die Steuerung mit dem Steuerrad reagierte. Zum Glück konnte unsere routinierte Steuerfrau Sophia das noch mit den beiden Gashebeln der unabhängigen Motoren an Backbord und Steuerbord ausgleichen. Die erste visuelle Prüfung vor dem Segelsetzen ergab dann, dass ein Ruderblatt geradeaus stand und das andere gleichzeitig einen ganz guten Einschlagwinkel hatte. Vor der Einfahrt in unseren heutigen Hafen von St. Martin auf der Ile de Re lagen wir noch eine halbe Stunde vor Anker um auf den richtigen Wasserstand zu warten. Skipper Hägar hatte in der Zwischenzeit schon mal das französische Owners Manual der Outremer studiert, die Vorgehensweise verstanden und schnell die Hydraulikventile gefunden, mit denen man diesen Zustand wieder beheben kann. Die Vorgehensweise ist die, dass man ein Ruderblatt auf Anschlag dreht - in unserem war es das auf Steuerbord - dann ein bypass-Ventil an diesem Ruder öffnet und dann mit dem Steuerrad das andere Ruder auf den selben Anschlag weiterdreht. Dann den Bypass wieder schließen und beide Ruder sind wieder synchron ausgerichtet. Bei der Gelegenheit ist es auch sinnvoll den Ölstand der Hydraulik zu prüfen und evtl. nachzufüllen. Um die Sauerei in Schapps und an den Händen möglichst klein zu halten empfiehlt unser CI hier die Verwendung eines kleinen Zwischenbehälters statt der ganzen Ölflasche. Wir haben den Boden einer PET-Flasche abgeschnitten. Für die Schwaben unter den Lesern: die Plastikflaschen kosten hier in Frankreich noch kein Pfand… Ab jetzt müsste die „Belle Ile“ auch einen halben Knoten schneller laufen. Der CI meinte dazu, dass wir das Schiff in einem technisch besseren Zustand zurückgeben, als wir es übernommen haben. Soviel zu den Ausbildungsfortschritten vom „technischen Stift“ Tommi P.S. der Keilriemen an der Backbordmaschine ist noch gut stramm
Autor: Tom
Das Relingslog mit Hägi und Tommi
Bordtoilette in 2 min leichtgängig machen
Und noch ein guter Hinweis von „Ralfi“: vor der Aktion kontrollieren ob die Seeventile geschlossen sind. Bei geöffneter Pumpe könnte sonst schnell das Wasser überlaufen.
Tide und Technik
Liebe Leser unseres Blogs,
neben Tidenrechnung und Wetterbeobachtung beschäftigt uns auch fast täglich die Technik unserer Segelschiffe. Die X46 z.B. ist mit Baujahr 2006 jetzt 13 Jahre alt und als Charterschiff im Atlantik einer überdurchschnittlichen Belastung ausgesetzt. Bereits bei der Übernahme stellten wir einen Riss von fast einem halbem Meter am Achterliek der Genua fest, die von der Chartercrew provisorisch mit Klebefolie geflickt wurde. Ein Schwachpunkt, den wir täglich im Auge haben. Nicht schließende Schranktüren, Wackelkontakt in der Ankerwinsch, abgebrochene Montageschraube des Außenborders oder eine Reichweite des UKW-Funks von kleiner 1,5 sm sind allesamt ärgerlich aber mit Bordmitteln behebbar. Wichtigstes Hilfsmittel ist immer WD40.
Auf der Alure 45 vor 3 Jahren hier in der Bretagne, hat uns der undichte Wassertank durch eine volle Bilge die Wasserversorgung komplett per Kurzschluss still gelegt. Aus dieser Erfahrung habe ich bei der Übernahme auch auf der X46 Wasser unter den Bodenbrettern entdeckt, das sich auch mit der Bilgepumpe nicht vollständig abpumpen ließ und beim Segeln hörbar unter dem Boden hin- und herschwappte. Die Druckpumpe förderte im Minutentakt Wasser ins Drucksystem, so dass wir als Sofortmaßnahme diese nur noch bei Bedarf einschalteten. Für das Restwasser in der Bilge musste die Pütz und wie in Jollezeiten das gute alte Ösfass herhalten, jeden Tag 50 Liter per Lenzpumpe und 20 – 30 Liter von Hand. Vorgestern schließlich in Port de L’Herbaudiere fiel plötzlich unser Landstromanschluss durch ständiges Auslösen der Sicherungen am Steg und im Schiff aus. Kein Strom mehr um die Batterien im Schiff oder die Akkus der Crew-Handys zu laden.
Die Crew in den Achterkabinen hatte schon vorgestern ein zischendes Geräusch im Bereich der Steueranlage gemeldet und in einer schlaflosen Phase des Skippers morgens um 5 kombinierte er den Zusammenhang zwischen Wasser in der Bilge, dem zischenden Geräusch achtern und dem Problem mit dem Landstromanschluss der an der Steuersäule montiert ist. Kurzschluss durch Sprühregen irgendwo in den Achterkabinen. Sophia und Axel mussten ihre Kabine komplett ausräumen, Matratzen und Lattenroste ausbauen. Ganz achtern ist der Warmwasserboiler mit einer 220V Steckdose eingebaut. Die Warmwasserversorgung hatte am Boiler ein kleines Loch, das bei Druck im System einen Sprühnebel in Richtung Steckdose produzierte. Eine Installation, die bei jedem VDE-Elektro-Ingenieur einen sofortigen Herzstillstand bewirkt. Der erste Schimmelansatz an den Lattenrosten zeigte auch, dass das Problem nicht erst seit unserer Schiffsübernahme bestand.
Problem erkannt, aber noch nicht gebannt. Unser Flottenchemiker Hägar machte uns klar, dass das Dingi-Reparaturset mit Vulkanisiermaterial für die PE-Schläuche des Wassersystems ungeeignet war. Aber der Flotten-Chief-Engineer Ralph hat das richtige Material dabei. Teflon-Band vom Klempner, Aluminium-Tape und eine Schlauchschelle. Mit zusätzlich einem Stück Gummi vom Wasserschlauch konnten wir die Leckage provisorisch dichten. Das WD40 verdrängte die Feuchtigkeit in der Steckdose und voila: die Sicherungen halten und die Lenzpumpe hat vorläufig ausgedient. Großer Dank und großes Lob an unseren CI.
Euer Tom
Wetter und Tide
Liebe Leser unseres Bretagne Blogs,
in unserem jüngsten Abenteuer letzte Nacht haben wir das Tiden-Segeln mit der Wetter-Navigation verknüpfen können und wurden für die Mühen einer weiteren Nachtfahrt mit einigen Seemeilen unter Segeln statt vieler Motorstunden belohnt.
Die Analyse der Wetterprognose über einen längeren Zeitraum ergab für den Tag gestern keinen bis wenig Wind aus NW bis W, also genau aus der Richtung, in der unser nächster Zielhafen Port-Joinville auf der Insel Il D’Yeu von Les Sables-D’Olonne aus lag. Und auf 32 sm unter Motor gegen Wind und Strömung hatte aus den StSG-Crews keiner wirklich Lust.
Die gute Nachricht war, dass der Wind gegen späten Nachmittag auf 6 Bft auffrischen, dann wieder auf moderate 15 bis 20 kn abflauen und im Laufe der Nacht auf NE drehen sollte. Dies bedeutete für unseren geplanten Kurs Halbwind true von Steuerbord. Vorschlag von unserem Flottenskipper Hägar daher, wir legen gegen 1 Uhr morgens in Les Sables ab und versuchen vor Niedrigwasser am nächsten Vormittag das Ziel zu erreichen.
Das Niedrigwasser in Port-Joinville lag um 11:14 bei 0,6 m, wir befinden uns kurz vor Neumond und damit Springtide. Die flachste Stelle der Hafeneinfahrt ist 1,20 m tief und wir mussten die X46 mit ihren 2,50 m Tiefgang ohne in der Zufahrt festzusitzen und damit den ganzen Fährverkehr zum Festland zum Erliegen zu bringen spätestens um 09:30 Uhr ankommen oder aber 4 Stunden draußen bis zur nächsten Flut warten.
Gesagt-getan: nach ausführlicher Besprechung des Ablegemanövers (Lerneffekt aus dem mühseligen Anlegen vom Vortag) waren alle Vorbereitungen um 00:45 erledigt, so dass die Leinen auf unserer „Tempo“ pünktlich gelöst waren und Karsten mit einem Bilderbuchmanöver in die dunkle Nacht starten konnte.
Zu Beginn erlebten wir noch viel Gegenverkehr der zurückkehrenden Fischerboote in der engen Zufahrt nach Les Sables, nach der zweiten Kardinaltonne und 2 sm unter Motor ging dann das Groß mit einem Reff nach oben und bescherte uns mit der Genua rauschende 6 Knoten Fahrt. Die Voile de Layon unter Skipper Bernd hatten wir die ganze Nacht in Sichtweite. Die beiden doch recht unterschiedlichen Yachten segelten mit der selben Geschwindigkeit und auch der selben Höhe am Wind. Unser Katamaran Belle Ile bezahlte seine höhere Geschwindigkeit mit weniger Höhe am Wind und durfte daher noch zwei Kreuzschläge extra machen und suchte vor dem Starten der Motoren vor dem Zielhafen noch nach Resten eines Fischernetzes in den Schrauben, dessen Reste sie die Nacht durch für ein paar Seemeilen hörbar mitgeschleppt hatten.
Der Wind drehte wie vorhergesagt stetig nach Steuerbord und die beiden Monohulls konnten den Kurs stetig auf das Ziel hin korrigieren, das wir dann auch – ohne Motor – vor der geplanten Zeit schon um 08:20 fast ausschließlich unter Segelkraft erreichen konnten. Sebastian legte sowohl am Empfangssteg als auch in unserer finalen Box ohne Fremdkontakt perfekt an. Der Belle Ile konnten wir dann 30 Minuten später vom Steg aus beim Anlegen helfen und die Insel Ile D’Yeu belohnte uns heute mit Sommerwetter und vielen schönen Eindrücken.
Die Prognose für die nächste Woche ist unverändert trockenes und warmes Wetter über 20 Grad mit Wind aus nördlichen Richtungen mit 6 bis 30 kn. Wir werden also weiterhin die Tide mit dem Wetter kombinieren können.
Euer Wetterfrosch, Tom