Alderny Race

Liebe Freunde des Hochseesegelns,

gestern stand wieder ein langer Schlag von fast 100 sm an. Wir haben die Bretagne verlassen und sind jetzt in der Normandie. Dazu mussten wir non stop von St Malo nach Cherbourg, da die britischen Kanalinseln Guernsey, Jersey und Alderney Corona bedingt nicht besucht werden dürfen. Die erste Schleuse in St Malo war 0839 Uhr, zusammen mit Fischern, einem großen Zollboot, von einer jungen Zollbeamtin gesteuert und mit mehreren weitern Yachten. Die Schleusung klappte ganz gut, der jahrelangen Hollanderfahrung sei Dank.

An der Ansteuerungstonne konnte dann der Spi gesetzt werden und wir rauschten mit 8 kn den Minkies (einem großen Untiefengebiet in der Bucht von St Malo) entgegen. Nach 2 h mussten wir anluven und nach einem perfekten Kiwidrop (für die Nichtsegler: ein spezielles Manöver um den riesigen Spi zu bergen, das die Neuseeländer erfunden haben) ging es voll und bei weiter gen Norden.

Auf der Höhe von Guernsey war der Segelspass dann aber vorbei, da der Tidenstrom kenterte und der Wind vorlicher kam. Mit leichtem Wind gegen mehr als 2 kn Strom anzukreuzen ist nicht möglich, also die Jockel an. Die mussten sich dann auch kräftig abmühen, und es tut einem im Herzen weh, wenn die Maschinen auf Volllast laufen und man nur 4 oder 5 kn über Grund macht. Das ist aber bei der Strecke anders nicht möglich, da das Alderney race das Tidentor Europas, wenn nicht gar der Welt ist. Im Chanel pilot stand drin, dass dies die Wasserstrasse mit der stärksten Strömung der Welt sein soll, mit teilweise über 10 kn Strom. Der sollte natürlich nicht von vorne, sondern idealerweise von hinten kommen, was die Fahrzeit erheblich verkürzen kann. Den ganzen Tag sahen wir nur einen oder 2 Segler, aber als wir zur vorausberechneten Zeit um 2130 am Eingang des Races ankamen, waren noch 2 weitere Berufsschiffe auf gleichem Kurs. Das gibt dem Skipper doch einigermaßen Gewissheit, dass die Berechnungen stimmen.

Zu dieser Zeit lag das gefürchtete Race aber wie ein Ententeich vor uns. Es herrschte 5 kn, Wind, das Wasser war spiegelglatt und die Sonne schickte sich an dermaßen kitschig unterzugehen, dass man sich fast schon fremdschämen musste ob des Anblicks. Man kam sich fast vor wie auf dem Bodensee, mit dem deutschen Ufer an der Normannischen Küste, der Insel Alderney als Schweizer Ufer, und der Sonnenuntergang über dem Überlinger See. Der Unterschied war nur, dass wir mit den 5 kn Wind 8kn Schiffsspeed herauszaubern konnten mit einem phantastischen Wendewinkel von 60 Grad. Die Strömung von bis zu 6 kn war jetzt mit uns und hat uns diesen tollen Fahrstuhl beschert. Außerdem gab es etliche Eddies, starke Wirbelströmungen, die man tunlichst umfährt.

Die Ententeichstimmung hielt aber nicht für sehr lange. Eine Regenzelle zog auf, und das Race zeigte uns mal seine seefahrerfressenden Zähne. Plötzlich war die Sicht fast weg, nur noch die Kennung des Leuchtturms La Hague war sichtbar, der Wind frischte auf 23 kn auf und ein starker Regenschauer ging nieder. Unsere Reffgrenze ist 20 kn also musste die Steuerbordwache noch ein Reff einbinden, den Kat wenden, und dann ging es ab. Mit über 13 kn Speed über Grund rauschten wir trotz des ersten Reffs unserem Ziel Cherbourg entgegen.

Alle navigatorischen Hilfsmitten wurden benötigt, da es auch noch einige Fahrzeuge wie Fischer oder ein großes Kreuzfahrtschiff auf Reede gab. Und bei permanent über 10 kn Fahrt kommen die doch ganz schön schnell näher. Das Radar, das AIS und der Kartenplooter leisteten wichtige Dienste.

Die Einfahrt in Europas größtem manmade harbour mitten in der Nacht war auch nicht gerade einfach, gab es doch eine Vielzahl von beleuchteten Tonnen, Feuern in Linie, Sektorenfeuern und Hafeneinfahrtsfeuer. Das ganze vor einem Lichtermeer der großen Stadt Cherbourg.

Gleichzeitig wieder ein starker Querstrom. Marion konnte dann den Hafenmeister um 0100 Nachts erreichen und er wies uns tatsächlich noch einen Liegeplatz zu, den wir dann um 0200 erreichten. Dann konnten wir erschöpft aber glücklich endlich auf Stefans runden Geburtstag anstoßen das zu diesem Zeitpunkt schon 2 Stunden überfällig war. Nach einigen Fläschchen Geburtstagssekt war dann die nötige Bettschwere erreicht und der heutige Hafentag konnte genossen werden.

Heute gab es auch frische Austern, Zum Öffnen haben wir ein tolles Gerät entdeckt, das sie Verletzungsgefahr doch stark verringert.

Morgen geht es weiter und Barbara und Tom versuchen einen einigermaßen machbaren Passageplan für die nächsten Tage zu entwickeln.

bleibt uns weiterhin gewogen.

Euer Skipper Hägar

Die Belle Ile auf Marinetraffic

Wer immer im Bilde sein möchte, wo sich die Belle Ile gerade befindet, dem sei Marinetraffic empfohlen: https://www.marinetraffic.com/en/ais/home/centerx:-2.0/centery:49.1/zoom:9

Einfach im Suchfeld oben rechts „Belle Ile“ eingeben, es gibt nur ein französisches Segelschiff mit diesem Namen.

Es gibt auch eine Funktion, mit der Ihr Euch den Reiseweg der vergangenen Stunden anschauen könnt (Past track). Heute vormittag ist die Belle Ile um 09:10 Uhr gestartet. Aktuell (17:40 Uhr) befindet sie sich auf dem Weg nach Cherbourg zwischen Jersey und Guernsey.

Sogar das Spinnaker-Setzen am Vormittag ist zu sehen: der kleine Haken kurz nach dem Auslaufen aus Saint Malo.

Viel Spaß beim Verfolgen der Reise!

Ganz schön verströmt

Durch die Wettervorhersage mit nur schwachem Wind und Regen für den Nachmittag und die kommende Nacht, haben wir unser eigentliches Ziel Cherbourg vertagt und uns als Tagesziel für Saint Malo entschieden.

Das Ablegen und die Ausfahrt aus dem Hafen Saint-Quai-Portrieux gelang dem Co Skipper Ralf wie erwartet und wir konnten schon bald die Segel mit Kurs zum Zielhafen setzen. Wegen schwächelndem Wind, mussten die beiden Motoren zwischendurch unterstützen um gegen den noch herrschenden Strom ausreichend Fahrt zu machen.

In Saint Malo kommt der zweithöchste Tidenhub der Welt vor und für heute sind 11 Meter angesagt. Der vom Skipper ausgewählte Hafen das Basin Vauban, befindet sich direkt am historischen Stadtkern von Saint Malo. Der Hafen selbst, kann nur durch eine Schleuse erreicht werden, die immer 2,5 Stunden vor und nach Hochwasser öffnet. Das Hafenbecken ist dann wie eine große „Badewanne“ mit stets dem selben Wasserstand.

Durch das enge Zeitfenster mußten die Bootsgeschwindigkeit über Grund und die gesetzten Wegepunkte fortlaufend kontrolliert werden, damit wir die Schleuse erreichen.

Für mich als Tidenneuling sind die warnenden Worte „beachtet die Strömung“ von Skipper Hägar schon zur Routine geworden, bis ich diese selbst erleben konnte. Bei der Rundung des Cap Frehel kommen wir den wunderschön von der Sonne angestrahlten, grünen Felsen plötzlich sehr nahe was nur die Fotografen unter der Crew erfreute.

Cap Frehel
Der Pilot Plan für die Einfahrt

Unsere beiden Pilot Planer Stefan und Marion setzten sich frühzeitig vor die Karten und Bücher, um unsere Einfahrt in die Bucht von Saint Malo sicher zu planen.

Der Pfeil zeigt die Einfahrt ins Fahrwasser

Als mir ab der Ansteuerungstonne der Kurs genannt wird, musste nicht nur ich zweifeln. Wir fuhren mit 30 Grad ab vom Kurs direkt auf die Felsen zu. Der Bug der Belle Ile zeigte auf ein nach rechts abzweigendes Fahrwasser samt Felsen. Als uns der Strom mit nur 2 Knoten packte, sahen wir wie gut doch der Kurs mit Hilfe des Strömungsdreiecks berechnet war und wir genau mittig im richtigen Fahrwasser landeten. Als endlich die beiden grünen Lichter der Deckspeilung eingeschaltet wurden, entspannte sich die allgemeine Stimmung und wir können sicher den Kurs in Richtung der Hafeneinfahrt fortsetzen.

Für mich war die heutige Ansteuerung ein großes Stück Kompetenzerweiterung und ich werde dies nicht vergessen. Schon die Engländer beschreiben in der nautischen Literatur, dass so mancher ungeübter Steuermann an der Tidenströmung verzweifelt und sein eigenes Armagedon erleben wird.

Letztendlich kamen wir sicher und sogar eine halbe Stunde zu früh vor der Hafenschleuse an. Skipper Hägar demonstrierte nach Yachtmaster Manier, wie eine Tonne bei Strom und Wind angesteuert wird. Andrea erwiese sich dabei als exzellente Bojenfängerin und so konnten wir vor dem Schleusenmanöver ein wenig durchatmen.

Skyline von Saint Malo
Erfolgreiches Bojenmanöver

Nach längerer Liegeplatzsuche wurde die schäbisch-bretonische Freundschaft bei Marions schwäbischem Kartoffelsalat und frischem bretonischen Fisch, zubereitet vom Skipper gefestigt. Ja, der Skipper entwickelt sich zusehends zum Spitzenkoch für fangfrischen Fisch. Die weiteren Crews können sich darauf freuen.

Der neue Stern am Kochhimmel
Stefan beim Zerlegen der Scholle

Heute steht ein sonniger Hafentag in Saint Malo an, den wir nach dem Regen und der kälte von Gestern gut gebrauchen können.

Hägar und Tom sitzen bereits an der Planung für unseren langen Schlag nach Cherbourg. Wir melden uns dann wie gewohnt mit neuen Abenteuern.

Für heute machts gut, im Namen der Crew der Belle Ile Matthias

P.S. Ein Bild nach dem Ablegen vom Vorschiff

Zwei junge Damen unterhalten sich auf dem Vorschiff angeregt und amüsiert über ihre Enkel (in diesem Zusammenhang wurde es mir (Skipper) strengstens untersagt das Wort „Omas“ zu verwenden, was ich hiermit auch ausdrücklich nicht tue)

Bordtoilette in 2 min leichtgängig machen

Schritt 1: die Utensilien bereitlegen. „Engländer“, Fett oder Vaseline, Lappen und/oder Küchentücher
Schritt 2: Abdeckung und Brille hochklappen. Pumpenhebel ganz nach oben ziehen. Dadurch läuft beim öffnen weniger Wasser aus der Pumpe.
Den Pumpenhebel an der flachen Abdeckung vorsichtig lösen. Linksherum wie einen Wasserhahn!
Mit der Hand die Abdeckung ganz aufschrauben.
Den Pumpendeckel abnehmen und die Kolbenstange mit dem Kolben vorsichtig herausziehen. Jetzt kommt etwas vom sauberen Spülwasser oben heraus. Auffangen oder aufwischen.
Jetzt das Fett auf ein Tuch nehmen
Die Kolbendichtung einmal rundherum gut einfetten
Auch etwas Fett auf die Kolbeninnenwand und das Gewinde geben
Den Kolben wieder vorsichtig einsetzen
Den Deckel wieder zuschrauben und mit der Zange vorsichtig festziehen.
Das ist Kunststoff, da kommt nach ganz fest plötzlich ganz schnell ganz ab 😉

Und noch ein guter Hinweis von „Ralfi“: vor der Aktion kontrollieren ob die Seeventile geschlossen sind. Bei geöffneter Pumpe könnte sonst schnell das Wasser überlaufen.

Nebel

Liebe Freunde, gestern ist so viel passiert, dass ich erst heute dazu komme das Erlebte zu berichten.

Angefangen hat der Tag ganz o.k. es regnete zwar, aber direkt am Hafen gab es einen wunderschönen Exotischen Garten, um ein tolles Felsensemble herum (Cote de Granite Rose). Im 18. und 19. Jhd gab es sehr viele französische und englische Botaniker, die Seefahrten in die ganze Welt gemacht haben und von überall exotische Pflanzen mitgebracht haben. Viele dieser Pflanzen werden in Roscoff im Jardin exotique 🌴 vermehrt und man kann sie in dem sehr apart angelegten Park besichtigen.

Um 1200 sind wir dann abgelegt, mit herrlichem Wind aus Westen, so dass wir zunächst gegen die „foul tide“ gut gegenan fahren konnten, und nach der Stromkenterung mit über 10 kn unserem Ziel Treguier entgegenrasten. Treguier ist ein Hafen ⚓, den man durch einne 6 sm langen gewundenen Flusslauf in einer Fjordartigen Landschaft erreicht. Die Ansteuerung in die Flussmündung und auch die Navigation im Flusslauf selbst sind wegen der Untiefen und der Strömung höchst anspruchsvoll. Aber die Kompetenzen der Crew wachsen rasant, und Helmut hat einen perfekten Piloting Plan für die Einfahrt erstellt.

Treguier liegt weit im Landesinneren

Den Ansteuerungspunkt zwischen den äußeren Felsen haben wir dann auch bestimmungsgemäß erreicht und wollten das erste Tonnenpaar ansteuern, mit der Peilung einer Kirche mit einem Wasserturm. Beide sollten von See aus gut zu sehen sein. Aber pünktlich zur Einfahrt fiel ein dermassen Nebel über uns herein, dass man buchstäblich die Hand nicht mehr vor den Augen sehen konnte. Die Sicht betrug nur noch 300-500 m. Für die Asterix-Fans unter Euch: Im Band Asterix bei den Briten fahren die Gallier mit ihrem Cousin Teefix in einem Fischerboot über den Ärmelkanal. Es schüttet fürchterlich. Asterix fragt, ob das Wetter hier immer so schlecht sei? Der englische Cousin antwortet entrüstet „Oh now, only if there is no fog“. Exakt das waren die Bedingungen gestern.

Da auch noch heftiger Strom herrschte mussten wir schnell entscheiden. Ein Einlaufen in dieses enge gefährliche Fahrwasser war unter diesen Umständen lebensgefährlich. Deshalb mussten wir abdrehen. Die Nautiker unter Euch wissen ja, dass man immer Ausweichhäfen sowie B und C Pläne auf See haben sollte. Wir beschlossen noch 25 sm weiter zu fahren zum Hafen Saint Quai, der bei jedem Wetter und Tide anlaufbar ist. Da die Gezeit schon weit fortgeschritten war, mussten wir uns beeilen und eng an der Küste entlang durch Eddies, overfall and tidal races hindurch, um nicht in starke Gegenströmungen zu kommen. Die Eddies waren beeindruckend. Mitten auf dem aufgewühlten Wasser gibt es eine glatte Fläche mit ein paar hundert Meter Durchmesser, die sich in einem Wirbel dreht. Die meisten konnten wir umfahren, einer hat uns erwischt und die Belle Ile wurde um 30-40 Grad herumgerissen. Andrea am Steuer hatte alle Mühe das Schiff wieder auf Kurs zu bekommen.

Um in den Ausweichhafen zu kommen, mussten wir um das Kap Bréhat

Die Sicht wurde glücklicherweise besser und wir konnten mit einigen Peilungen unser Fahrwasser zwischen den Felsen und Riffs finden. Die zwischenzeitlich doch deprimierte Stimmung erhellte sich weiter, als Stefan und Barbara eine sehr leckere Chili con Carne mit viel frischem Gemüse (gegen das Skorbut) inmitten der Küstennavigation aus der Kombüse gezaubert haben. Schon Captain Cook wusste, dass gesättigte Seeleute deutlich zufriedener sind. So haben wir dann mit dem letzten Tageslicht und mit nur leichtem Gegenstrom und den Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne um 2230 unseren neuen Hafen Saint Quay erreicht. Hier wird man 24/7 von einem Hafenmeister empfangen und zu dem Liegeplatz geleitet. Die aufregenden 65 sm des Tages steckten jedem in den Knochen und nach einem Anlegeschluck war dann die Aufregung vergessen und die Crew fiel müde und erschöpft in die wohlverdiente Kojenruhe.

Bleibt uns gewogen, wir melden uns wieder.

P.S. Der erste Ralfi und Hägi Take ist im Kasten, wir warten auf Upload-Möglichkeiten…..

Euer Skipper Hägar und die Bretagniers