Liebe FreundInnen in aller Welt,
zwei tolle Monate auf dem Atlantik gehen zu Ende. Es wurde coronabedingt zwar kein „Rund-Irland-Törn“ aber auch die „Tour de France“ war ganz große Klasse. Wir sind insgesamt 1600 sm gesegelt und haben in über 40 Häfen und Ankerbuchten festgemacht. Das Schönste aber waren die Menschen, die mit gesegelt sind und die sich alle zu wundervollen Crews zusammengefunden haben. Ich denke, dass sich hier einige Freundschaften gebildet haben, die auch noch länger Bestand haben werden. Alle 34 Mitsegler sind wohlbehalten wieder zu Hause angekommen. Trotz des mitunter rauen und sehr anspruchsvollen Seereviers gab es außer ein paar kleineren Blessuren keine ernstzunehmenden Verletzungen. Das gleiche gilt für das Schiff, unsere Belle Ile. Wir konnten den Törn also sehr sicher durchführen.
Ein wenig Statistik:
1600 Seemeilen Gesamtstrecke, davon 75% unter Segel, 25% unter Motor (wegen wenig Wind oder weil die Tide stark gegen uns stand)
42 Häfen und Ankerbuchten, in 28 davon war auch ich noch nicht gewesen. 4 Nachtschläge mit jeweils ca. 110 sm und Nachtansteuerungen des Hafens. Die größten Städte waren Le Havre, Cherbourg, St Malo, Brest, und La Rochelle. Insgesamt haben wir 10 Inseln besucht (Quessant, Glenans, Groix, Ré, Aix, Oleran, Yeu, Houat, Moins, Arz). Die Ile de Ré wird von allen Reiseführern immer als eine der schönsten bezeichnet. M.E. ist das aber übertrieben. Die anderen haben mir persönlich deutlich besser gefallen. Wir sind 11 mal durch Tidentore gesegelt, bei denen man nur zu bestimmten Zeiten durchfahren kann (Teignouse, Raz de Sein, Chenal de Four, Alderney Race, Chenal de Batz, Passage de Fromveur, Golfe de Morbihan). Zweimal sind wir in Flussmündungen gefahren, bis zu 15sm landeinwärts. Insgesamt haben wir 3 Brücken unterquert waren in 3 Schleussen (Ouistreham, St Malo, Paimpol) und in einem Häfen mit einem Tidentor (St Vaast la Hague) und mehreren Häfen mit einer Barre, die nur bei Hochwasser überfahren werden konnte.
Um die 70% der Zeit waren es 4 bft oder weniger, 15% gab es 5 bft, 6 bft gab es in 10% der Zeit und in 5% gab es 7 oder 8 bft (an diesen Tagen waren wir aber in den Häfen). An insgesamt 6 Tagen mussten wir wegen Starkwind und Sturm im Hafen bleiben, aber die Wettervorhersagen waren so gut, dass wir uns immer schöne und attraktive Plätze zum Abwettern aussuchen und interessante Touren an Land unternehmen konnten. Den Spi konnten wir in ca. 15% der Segelzeit setzen, häufig waren wir aber am Wind unterwegs.
Die höchste Wellenhöhe waren 3,5 m Atlantikdünung, die höchste Windgeschwindigkeit in einer Bö waren 33kn, und die höchste Bootsgeschwindigkeit waren 14 kn. Die größte Strömungsgeschwindigkeit waren 6 kn im Alderney Race und der höchste Tidenhub waren 11m in St Malo. Die kritischste See gab es in der Passage de Fromveur, als die See bei Wind gegen Strom regelrecht kochte, mit steilen Brechern und tosenden Wirbeln. So richtig seekrank war niemand, wenngleich es dem Einen oder der Anderen schon ab und zu mal etwas flau im Magen war. An zwei Tagen hatten wir erheblichen Seenebel, der uns alles an navigatorischen Fähigkeiten abverlangte. Einige Male hatten wir Kontakt mit der Großschifffahrt, mit Lotsen und mit dem Zoll.
Zwei mal sind wir in Häfen trockengefallen, 6 mal lagen wir vor Anker, 3 mal an einer Boje, 2 mal waren wir mit dem breiten Kat in einer Box und 2 mal lagen wir an einem anderen Schiff längsseits. In allen Häfen, die wir uns ausgesucht hatten konnten wir auch festmachen, die Hafenmeister haben immer alles getan, um unsere Belle Ile unterzubringen. Das war wirklich große Klasse, französisch sollte man aber sprechen. Die Hafengebühren waren zwischen 40€ und 110 € im Mittel so um die 70€.
Fische, Krebse, Muscheln, Seeschnecken, Crevetten und Austern gab es sehr oft, in jedem Hafen gab es eine Poissonerie oder einen Fischmarkt. Unsere Zubereitungs- und Esskompetenzen was Meeresgetier anbelangt haben sich sehr erweitert. Im Norden haben uns sehr häufig Delfine über mehrere Minuten begleitet, dicht vor dem Bug ihre schwimmerischen Kunststücke durchführend. Im Hafen von der Ile d’Yeu hat sogar ein großer 4m langer Tümmler eine halbe Stunde direkt zwischen unseren Rümpfen geschlafen. Zuvor hatte er mit seinen Delphingesängen vergeblich versucht ein an Davits hängendes graues Schlauchboot zu bezirzen.
Der Nördlichste Punkt war Cherbourg, der Östlichste Le Havre, der Westlichste Ile de Quessant und der Südlichste war Rochefort und bei zwei Etappen haben wir den Nullmeridian überquert.
Das Abenteuer ist jetzt zu Ende, die Eindrücke werden aber noch sehr lange Zeit in unseren Köpfen und Gedanken aller Dabeigewesenen bleiben. Es war mir eine große Freude und Ehre Euch als Skipper gedient zu haben und es hat sehr viel Spaß gemacht mit Euch zusammen das große Abenteuer zu bestehen. Alle Crews waren tolle Teams und nur gemeinsam kann man die vielen Herausforderungen in diesem anspruchsvollen Revier meistern. Vielen Dank für Eure immer währende Bereitschaft das Passage Planning und das Piloting zu machen, den Spi zu setzen, die Mahlzeiten zuzubereiten, abzuspülen, die Leinen zu legen, das Schiff abzufendern, zu steuern, Ausguck zu gehen, das Schiff abfahrtbereit zu machen, Nacht- und Ankerwachen zu gehen, Kaffee zu kochen, Einzukaufen, Getränke schleppen, Wasserbunkern, Beschläge schmieren, Elektronik einrichten, das Schiff zu reinigen, Wenden und Halsen zu fahren, das Groß zu setzen, die Maschinen zu überprüfen, den Wein kalt zu stellen, den Anlegeschluck vorzubereiten, Frühstück vorzubereiten, Brote zu schmieren, das Logbuch führen und was es so alles noch zu tun gab. Auch die tollen Gespräche und Diskussionen am Abend oder bei ruhigeren Passagen werde ich sehr vermissen. Es war nie langweilig oder ermüdend, ich hätte noch länger weitermachen können. Auf ein Neues, vielleicht können wir die Irland-Tour ja irgendwann mal nachholen.
Euer Skipper Hägar und die ganze Bretagniers Crew
P.S. Es gibt noch einiges Filmmaterial, das wir wohl so nach und nach in den Blog stellen werden.