Westlichster Punkt

So liebe Leute, heute sind wir an unserem westlichsten Punkt der Reise angekommen. Wir liegen an einer Boje in einer Bucht der Insel Quesant. Das ist auch der westlichste Punkt von Frankreich, wenn man die Überseegebiete nicht mit einbezieht.

Die Bucht ist sehr lauschig, auch wenn einige Spötter mir nicht zutrauen eine lauschige Bucht zu finden (siehe der Törn vor 2 Jahren an ähnlicher Stelle).

Auf der Ile de Quesant gibt es keinen Hafen mit Stegen, sondern nur ein Bojenfeld. Die Bucht ist tief, aber nach Süd-Westen offen, was für einen gewissen Schwell sorgt, und wir wohl heute Nacht in den Schlaf gewiegt werden. Glücklicherweise kommt der Wind aus Nord West, so dass wir wenigstens davor etwas geschützt sind. Die Überfahrt hierher war sehr rau. Da wir durch die Passage du Fromveur mussten, bei der bis zu 7 kn Strom herrscht, war ordentlich was los. Die Passage hat eine NO-SW Ausrichtung und der Wind kam aus westlichen Richtungen. Die Strömung war zwar mit uns, der Wind aber entgegen. Wind gegen Strömung macht eine sehr grobe See. Und das obwohl eigentlich nur 16 kn wahrer Wind war. Gleichzeitig schob uns der Strom durch die Passage, so dass wir 12 kn Fahrt über Grund hatten. Das ist einerseits toll, andererseits gibt das aber noch zusätzlich 12 kn Fahrtwind zum wahren Wind hinzu, so dass wir 25 kn Wind am Schiff hatten. Also 2. Reff einbinden in der aufgewühlten See. Das war ein hartes Stück Arbeit.

Wind gegen Strom sorgt für eine ordentliche Schaukelei, die auf diesem kurzen Film gar nicht richtig rüber kommt.

Man liest es immer wieder, dass Wind gegen Strom eine sehr grobe See macht. Aber das live mitzuerleben war schon sehr beeindruckend. Ein kleineres Schiff mit einer unerfahreneren Crew wäre bei diesem moderaten Wind schon sehr in die Bredouille gekommen.

Darüber hinaus hatten wir heute noch ein tolles Naturerlebnis mit Delfinen. Eine ganze Schule von mindestens 20 Tieren hat unser Schiff über 15 Minuten begleitet und 1 m vor unseren Bügen etliche Kunststücke aufgeführt. Und das ganze bei 9-11 kn Fahrt und dermaßen knapp an unserem Schiff, dass man sich schon fragt wie die Tiere das machen. Echt beeindruckend. Vielleicht kann Silke noch einen Film dazu einstellen.

Trockengefallen sind wir am Sonntag auch schon, und zwar im alten Stadthafen von Roscoff. Beim Beginn ddes Fussballspiels, das wir in der Hafenkneipe besichtigt haben, konnten wir noch eben die Hafenmauer betreten. Nach dem dramatischen Elfmeterschießen lag der Kat 4 m tiefer im Schlick. Kein Tropfen Wasser mehr um uns rum, und eine abenteuerliche Abstieg über einen rostige und glitschige Hafenleiter. Am Morgen schwammen wir glücklicherweise wieder und die Fahrt konnte weitergehen.

Jetzt sind es noch 2 Tage mit der Crew 2 und wir müssen leider unseren Übergabehafen Brest schon planen. Aber die Crew 3 freut sich sicher auch schon.

Bleibt uns gewogen, wir müssen jetzt los zum Essen, mit dem Beiboot an Land. Liebe Grüße Euer Hägar.

Yoga auf dem Trampolin

Auf einer Segelyacht werden tendenziell ja nur wenige Muskelgruppen regelmäßig beansprucht: Vor Allem die Oberkörpermuskulatur beim Segelsetzen oder beim Kurbeln der Winschen. Um die übrigen Muskeln nicht durch fortgesetzten Muskelschwund zu verlieren, hat heute unsere ausgebildete Yogalehrerein Christine eine Übungseinheit auf dem Vorschiffstrampolin gegeben. In Ermangelung von bunten Strumpfhosen, die man gewöhnlicherweise zum Yoga trägt, wurden die langen Unterhosen herausgekramt, die wir glücklicherweise die letzten Tage nicht mehr gebraucht hatten. Dehnübungen wie „Der krumme Hund“ wechselten sich ab mit Gleichgewichtsübungen wie „Der sterbende Schwan“ und mit Kraftübungen wie „Der starke Ochse“ (für die Richtigkeit der Bezeichnungen der Figuren wird an dieser Stelle keine Gewähr gegeben). Wir möchten unsere werte Leserschaft gerne bitten von Kommentaren in der Richtung „Altensport“ oder „Seniorenübungen“ Abstand zu nehmen.

Nautisch war es heute auch wieder sehr interessant. Vorgestern sind wir in einen kleinen Tidenhafen eingelaufen und sind dort einen Tag geblieben. Paimpol ist ein Städtchen, das man nur um das Hochwasser herum anfahren kann. Zu den anderen Zeiten ist der Hafen nicht befahrbar, weil schlichtweg das Wasser fehlt. Bei der Wanderung gestern war es kaum zu glauben, dass wir in dieser Rinne mit unserem Katamaran überhaupt fahren konnten. Interessant war es auch den Meeresboden und die Lage der Tonne zu sehen, wenn das Wasser weg ist.

Vor dem Einlaufen mussten wir noch eine Stunde vor Anker warten, bis ausreichend Wasser aufgelaufen war. Silke nutzte die Zeit, um erste Luftaufnahmen mit der Drohne zu machen. Unsere werten Abonnenten können sich auf tolle Aufnahmen der Belle Ile vor Anker freuen, das gerade online ging.

Die Einfahrt in den engen Hafen war auch nicht ganz simpel: Zum Einen war es eng, es stand wenig Wasser, wir mussten durch zwei enge Schleusen und es wehte ein Querwind; zum Anderen gab es viele Zuschauer aus dem touristischen Örtchen, die das Hafenkino unserer Einfahrt als gelungene Abwechslung zwischen dem Nachmittagskaffee und dem Abendbuffet betrachteten. Dank einer tollen Teamleistung und der Einweisung des Hafenkapitäns gelang das Manöver ganz gut, und am folgenden Tag gab es einige am Kai schlendernde Franzosen, die ungläubig die Breite unseres Bootes mit der Durchfahrtsöffnung der alten Schleuse verglichen und sich gefragt haben wie die Durchfahrt zu Stande kommen konnte. Optisch sah die 12m breite Schleuse schmaler aus als der 8m breite Kat.

Navigatorisch sind wir mittlerweile wieder auf Westkurs, um unserem Zielhafen Brest entgegen zu segeln. Das berüchtigte Tidentor Alderney Race zeigte wieder seine Zähne mit turbulenten Wellen, Wind und schlechter Sicht. Danach verlief der Nachtschlag sehr schön, mit mittleren achterlichen Winden und einem phantastischen Sonnenuntergang auf See.

Die Nachtansteuerung auf St Malo war aufregend, leuchtet doch die ganze Umgebung mit zahllosen Tonnen und Leuchttürmen mit verschiedensten Kennungen wie eine amerikanische Vorstadt in der Vorweihnachtszeit. Hier die richtige Einfahrt durch den vorgelagerten Felsengarten zu finden war schon eine anspruchsvolle Piloting-Aufgabe, die Julia hervorragend gemeistert hat.

Jetzt sind wir in der Anfahrt auf unseren heutigen Zielhafen Roscoff, der wieder eine Überraschung zu versprechen scheint. Das werden wir aber im nächsten Blog beschreiben.

Bleibt uns gewogen

Eure Bretagniers.

Wein ist keine Droge

Am Dienstag hatten wir ja einen Hafentag, bei dem normalerweise nicht so interessante Dinge passieren, um damit einen Blogbeitrag zu verfassen. Aber im Kanal passieren immer unverhoffte Dinge.

Ralf, Günther und ich kommen gerade vom „Schonen der Biervorräte an Bord“ zurück (die geneigten Hollandfahrer wissen, was damit gemeint ist, die anderen können es mit ihrer Phantasie entschlüsseln) und wollen den mitgebrachten Fisch und die Austern für das Abendessen vorbereiten, als es heftig an den Rumpf klopft. Wir liegen ja am Wartesteg, ohne Zugang zum Land, der häufig von Überseeseglern zur Einklarierung genutzt wird. Vier streng aussehende, bewaffnete französische Zollbeamte fragen, ob sie an Bord kommen dürfen. Dieses Angebot ist nur schwer auszuschlagen, und wir bitten die Herren gerne an Bord. Zunächst wird der Skipper ermittelt und dieser wird einer Art Inquisition unterzogen, gefühlt mit Daumenschrauben. Woher, wohin, wie viele Menschen an Bord, welche Nationalität, die Nationalität und der Heimathafen des Schiffes, der Eigner des Schiffes… usw. Alles auf Französisch und zack zack antworten ohne Zögern, damit ich mir keine Lügengeschichten überlegen kann. Dann alle Papiere: Zulassung des Schiffes, Flaggenzertifikat, Funkzulassung, Chartervertrag, Crewliste, Logbuch, Passageplanningformulare. Gut, dass die vorbereitet ist, incl. aller Personalausweisdaten (danke Silke für das Sammenln und Danke Tom fürs mehrfache ausdrucken). Die Personalausweisdaten werden über Funk durchgegeben (was immer es da zu kontrollieren gibt) und die Liste mit den Ausweisen der anwesenden Personen abgeglichen. Ein langes Formular wird vom Zollchef ausgefüllt, während zwei weitere die Kabinen in den Rümpfen kontrollieren und der Vierte alle Backskisten. Alle Schränke und Schapps werden geöffnet, alle Bodenbretter hochgehoben. Die Frage nach Waffen können wir negieren, die Seenotraketen zählen nicht. Auch die Frage nach Bargeld (mehr als 10.000 € pro Person) können wir negieren. Dann die Frage nach Drogen, hier können wir auch negieren, geben aber zur Sicherheit unsere nicht ganz unerheblichen Weinvorräte an, die sie sowieso gefunden hätten. Dann die erlösende offizielle Antwort des französischen Zollpatrouillien-Chefs: „Du Vin n’est pas une drogue“. Nach einer dreiviertel Stunde ist der Spuk vorbei, ich muss noch das Formular unterschreiben, dass die ganze Befragung auf Französisch stattgefunden hat, bekomme einen Durchschlag und sie wünschen uns noch eine gute Fahrt.

Somit haben wir es jetzt amtlich, was die Pälzer unter Euch natürlich schon längst wussten: Wein ist keine Droge, nichteinmal Pfälzer Wein in Frankreich.

Also dann, „Zum Wohl die Pfalz“ und bleibt uns gewogen.

Euer Hägar.

Kulinarik

Der aufmerksame Leser von alten Seefahrtsromanen wie „Der Seewolf“, „Meuterei auf der Bounty“ oder „Moby Dick“ ist leicht geneigt sich unter der Verpflegung auf Schiffen eine recht karge Kost vorzustellen. Bilder von mit Maden versetztem Schiffszwieback mit leicht angeschimmeltem ranzigen Speck, Stockfisch mit schmieriger Salzkruste und verfaultes stinkendes Wasser entstehen in diesem Zusammenhang gerne vor unseren Augen. Aber weit gefehlt, auf der Belle Ile werden kulinarische Hochgenüsse serviert. Schon beginnend mit dem Frühstück, das aus allerlei Leckereien aus der Käse-, Paté- und Süßecke französischer Super Us besteht, zieht sich das leckere Essen den ganzen Tag über durch. Unser BB (Bernd Bocuse) backt jedes Mal die Baguettes auf, sodass die leckeren von ihm zubereiteten Salate noch besser munden.

Zu den leckeren vegetarischen Essen wie Gemüsecurry von Silke und Risotto von Ute werden allerlei Köstlichkeiten aus den französischen Küstengewässern serviert. Man muss sich nur trauen sie zu kaufen. Entgegen allen Unkenrufen sind auch einige unserer Damen sehr experimentell unterwegs, was die Auswahl der Spezialitäten in der Poisonnerie betrifft.

Für das eine oder andere Getier benötigt man sowohl besondere Gerätschaften, die eher an Zahnarztinstrumente als an Essbesteck erinnern, als auch eine Anleitung, wie man durch die harte Schale an die genießbaren Bestandteile kommt. Unser größtes und längstes Crewmitglied hat hierzu seine eigene Art und Weise entwickelt, wie er die Muscheln und Schnecken besiegt, um seinen großen Eiweißbedarf zu decken. Man braucht dazu einen Steg, eine Bierflasche und solide Schuhsohlen. Die detaillierte Methode mag sich der geneigte Leser gerne selbst vorstellen. Sie erinnert aber definitiv nicht an feines Zahnarzthandwerk.

Ihr seht, der Törn ist unter dem Motto „Kompetenzerweiterung“ gestartet und dies gilt auch kulinarisch. Hier ein paar Bilder der Köstlichkeiten auf der Belle Ile.

Steg, Bierflasche & solide Schuhsohle und die Schnecke schmeckt

Abschied Etappe 1

Die erste Etappe ist zu Ende. Da stellt sich wie immer eine gewisse Melancholie ein. Auf der einen Seite denkt man an die unzähligen Erlebnisse nach, die ersten Tage erscheinen ewig weit weg. Auf der anderen Seite sind die Tage schnell vorübergegangen und man denkt im Scherz nach, wie man denn den Törn verlängern könnte.

Wir haben viel erlebt. Insgesamt sind wir über 500 sm gefahren (für die Nichtnautiker ca. 1000 km). Davon 80% gesegelt und bei 20% war die Tide gegen uns oder der Wind zu schwach so dass wir die Motoren bemühen mussten. Wir haben vier Tidal gates bezwungen (La Teignouse, Raz de Sein, Chenal de Four und das Alderney Race. Das ist ungefähr so als wenn man alle 7000er in den Alpen bezwungen hätte. Alle Alpinisten mögen mir verzeihen, falls die Höhenangaben der Berge nicht ganz stimmen, ich bin halt mehr ein Flachlandnautiker ;-).

Wir sind durch Schleusen gefahren, haben ein Hochwassertor durchfahren und sind auch in einem Flusslauf hinaufgefahren. Wir hatten drei Etappen mit mehr als 60 sm, davon zwei mit mehr als 100 sm Länge. Zwei Nachtfahrten mit nächtlicher Ansteuerung des Hafens waren sehr spannend, aufregend und lehrreich.

Die ganze Crew war sehr engagiert, das tägliche Ablegen, die Passage Planung das Piloting aus den und in die Häfen konnte zum Schluss ganz alleine durchgeführt werden. Die nautischen und seglerischen Kompetenzen sind sehr stark gestiegen. Das Sicherheitsniveau am ganzen Törn war wirklich vorbildlich, so dass keine auch noch so kleinen Verletzungen aufgetreten sind. Eine kleinere von uns verursachte Schramme, und eine von einem unverantwortlichen Segler, der uns in unserer Abwesenheit mit seinem Anker eine Macke in das Oberdeck gefahren hat, sind die einzigen (nahezu unvermeidlichen) Blessuren.

Hier nochmal die Route der Belle Ile mit der Crew 1:

Die vielen Erlebnisse werden in langer Erinnerung bleiben.

Vielen Dank auch an die Leser unseres Blogs und die vielen Kommentare, die uns täglich sehr erfreut haben. Wir hoffen sehr, dass Euch der blog gefallen hat und Ihr Spaß hattet an den Berichten und den Filmen (an dieser Stelle auch noch herzlichen Dank an unsere Blogadministratorin Silke, für die professionelle Unterstützung aus der Heimat).

Der Skipper und er Co-Skipper bedanken sich ganz herzlich für die tolle Crew, die Bereitschaft immer mit anzupacken, früh morgens freudig aufzustehen, mit Begeisterung den Spi zu setzten und zu bergen, die sehr gute und unkomplizierte Backschaft mit den leckeren Essen, die gute Stimmung an Bord die Übernahme von Verantwortung und die Freude an der Kompetenzerweiterung. Eine tolle Gruppe, mit der wir jederzeit wieder in neue Seeabenteuer stechen würden.

Bis bald wieder in der Heimat,

Euer Skipper Hägar und Co-Skipper Ralf

Alderny Race

Liebe Freunde des Hochseesegelns,

gestern stand wieder ein langer Schlag von fast 100 sm an. Wir haben die Bretagne verlassen und sind jetzt in der Normandie. Dazu mussten wir non stop von St Malo nach Cherbourg, da die britischen Kanalinseln Guernsey, Jersey und Alderney Corona bedingt nicht besucht werden dürfen. Die erste Schleuse in St Malo war 0839 Uhr, zusammen mit Fischern, einem großen Zollboot, von einer jungen Zollbeamtin gesteuert und mit mehreren weitern Yachten. Die Schleusung klappte ganz gut, der jahrelangen Hollanderfahrung sei Dank.

An der Ansteuerungstonne konnte dann der Spi gesetzt werden und wir rauschten mit 8 kn den Minkies (einem großen Untiefengebiet in der Bucht von St Malo) entgegen. Nach 2 h mussten wir anluven und nach einem perfekten Kiwidrop (für die Nichtsegler: ein spezielles Manöver um den riesigen Spi zu bergen, das die Neuseeländer erfunden haben) ging es voll und bei weiter gen Norden.

Auf der Höhe von Guernsey war der Segelspass dann aber vorbei, da der Tidenstrom kenterte und der Wind vorlicher kam. Mit leichtem Wind gegen mehr als 2 kn Strom anzukreuzen ist nicht möglich, also die Jockel an. Die mussten sich dann auch kräftig abmühen, und es tut einem im Herzen weh, wenn die Maschinen auf Volllast laufen und man nur 4 oder 5 kn über Grund macht. Das ist aber bei der Strecke anders nicht möglich, da das Alderney race das Tidentor Europas, wenn nicht gar der Welt ist. Im Chanel pilot stand drin, dass dies die Wasserstrasse mit der stärksten Strömung der Welt sein soll, mit teilweise über 10 kn Strom. Der sollte natürlich nicht von vorne, sondern idealerweise von hinten kommen, was die Fahrzeit erheblich verkürzen kann. Den ganzen Tag sahen wir nur einen oder 2 Segler, aber als wir zur vorausberechneten Zeit um 2130 am Eingang des Races ankamen, waren noch 2 weitere Berufsschiffe auf gleichem Kurs. Das gibt dem Skipper doch einigermaßen Gewissheit, dass die Berechnungen stimmen.

Zu dieser Zeit lag das gefürchtete Race aber wie ein Ententeich vor uns. Es herrschte 5 kn, Wind, das Wasser war spiegelglatt und die Sonne schickte sich an dermaßen kitschig unterzugehen, dass man sich fast schon fremdschämen musste ob des Anblicks. Man kam sich fast vor wie auf dem Bodensee, mit dem deutschen Ufer an der Normannischen Küste, der Insel Alderney als Schweizer Ufer, und der Sonnenuntergang über dem Überlinger See. Der Unterschied war nur, dass wir mit den 5 kn Wind 8kn Schiffsspeed herauszaubern konnten mit einem phantastischen Wendewinkel von 60 Grad. Die Strömung von bis zu 6 kn war jetzt mit uns und hat uns diesen tollen Fahrstuhl beschert. Außerdem gab es etliche Eddies, starke Wirbelströmungen, die man tunlichst umfährt.

Die Ententeichstimmung hielt aber nicht für sehr lange. Eine Regenzelle zog auf, und das Race zeigte uns mal seine seefahrerfressenden Zähne. Plötzlich war die Sicht fast weg, nur noch die Kennung des Leuchtturms La Hague war sichtbar, der Wind frischte auf 23 kn auf und ein starker Regenschauer ging nieder. Unsere Reffgrenze ist 20 kn also musste die Steuerbordwache noch ein Reff einbinden, den Kat wenden, und dann ging es ab. Mit über 13 kn Speed über Grund rauschten wir trotz des ersten Reffs unserem Ziel Cherbourg entgegen.

Alle navigatorischen Hilfsmitten wurden benötigt, da es auch noch einige Fahrzeuge wie Fischer oder ein großes Kreuzfahrtschiff auf Reede gab. Und bei permanent über 10 kn Fahrt kommen die doch ganz schön schnell näher. Das Radar, das AIS und der Kartenplooter leisteten wichtige Dienste.

Die Einfahrt in Europas größtem manmade harbour mitten in der Nacht war auch nicht gerade einfach, gab es doch eine Vielzahl von beleuchteten Tonnen, Feuern in Linie, Sektorenfeuern und Hafeneinfahrtsfeuer. Das ganze vor einem Lichtermeer der großen Stadt Cherbourg.

Gleichzeitig wieder ein starker Querstrom. Marion konnte dann den Hafenmeister um 0100 Nachts erreichen und er wies uns tatsächlich noch einen Liegeplatz zu, den wir dann um 0200 erreichten. Dann konnten wir erschöpft aber glücklich endlich auf Stefans runden Geburtstag anstoßen das zu diesem Zeitpunkt schon 2 Stunden überfällig war. Nach einigen Fläschchen Geburtstagssekt war dann die nötige Bettschwere erreicht und der heutige Hafentag konnte genossen werden.

Heute gab es auch frische Austern, Zum Öffnen haben wir ein tolles Gerät entdeckt, das sie Verletzungsgefahr doch stark verringert.

Morgen geht es weiter und Barbara und Tom versuchen einen einigermaßen machbaren Passageplan für die nächsten Tage zu entwickeln.

bleibt uns weiterhin gewogen.

Euer Skipper Hägar

Die Belle Ile auf Marinetraffic

Wer immer im Bilde sein möchte, wo sich die Belle Ile gerade befindet, dem sei Marinetraffic empfohlen: https://www.marinetraffic.com/en/ais/home/centerx:-2.0/centery:49.1/zoom:9

Einfach im Suchfeld oben rechts „Belle Ile“ eingeben, es gibt nur ein französisches Segelschiff mit diesem Namen.

Es gibt auch eine Funktion, mit der Ihr Euch den Reiseweg der vergangenen Stunden anschauen könnt (Past track). Heute vormittag ist die Belle Ile um 09:10 Uhr gestartet. Aktuell (17:40 Uhr) befindet sie sich auf dem Weg nach Cherbourg zwischen Jersey und Guernsey.

Sogar das Spinnaker-Setzen am Vormittag ist zu sehen: der kleine Haken kurz nach dem Auslaufen aus Saint Malo.

Viel Spaß beim Verfolgen der Reise!

Ganz schön verströmt

Durch die Wettervorhersage mit nur schwachem Wind und Regen für den Nachmittag und die kommende Nacht, haben wir unser eigentliches Ziel Cherbourg vertagt und uns als Tagesziel für Saint Malo entschieden.

Das Ablegen und die Ausfahrt aus dem Hafen Saint-Quai-Portrieux gelang dem Co Skipper Ralf wie erwartet und wir konnten schon bald die Segel mit Kurs zum Zielhafen setzen. Wegen schwächelndem Wind, mussten die beiden Motoren zwischendurch unterstützen um gegen den noch herrschenden Strom ausreichend Fahrt zu machen.

In Saint Malo kommt der zweithöchste Tidenhub der Welt vor und für heute sind 11 Meter angesagt. Der vom Skipper ausgewählte Hafen das Basin Vauban, befindet sich direkt am historischen Stadtkern von Saint Malo. Der Hafen selbst, kann nur durch eine Schleuse erreicht werden, die immer 2,5 Stunden vor und nach Hochwasser öffnet. Das Hafenbecken ist dann wie eine große „Badewanne“ mit stets dem selben Wasserstand.

Durch das enge Zeitfenster mußten die Bootsgeschwindigkeit über Grund und die gesetzten Wegepunkte fortlaufend kontrolliert werden, damit wir die Schleuse erreichen.

Für mich als Tidenneuling sind die warnenden Worte „beachtet die Strömung“ von Skipper Hägar schon zur Routine geworden, bis ich diese selbst erleben konnte. Bei der Rundung des Cap Frehel kommen wir den wunderschön von der Sonne angestrahlten, grünen Felsen plötzlich sehr nahe was nur die Fotografen unter der Crew erfreute.

Cap Frehel
Der Pilot Plan für die Einfahrt

Unsere beiden Pilot Planer Stefan und Marion setzten sich frühzeitig vor die Karten und Bücher, um unsere Einfahrt in die Bucht von Saint Malo sicher zu planen.

Der Pfeil zeigt die Einfahrt ins Fahrwasser

Als mir ab der Ansteuerungstonne der Kurs genannt wird, musste nicht nur ich zweifeln. Wir fuhren mit 30 Grad ab vom Kurs direkt auf die Felsen zu. Der Bug der Belle Ile zeigte auf ein nach rechts abzweigendes Fahrwasser samt Felsen. Als uns der Strom mit nur 2 Knoten packte, sahen wir wie gut doch der Kurs mit Hilfe des Strömungsdreiecks berechnet war und wir genau mittig im richtigen Fahrwasser landeten. Als endlich die beiden grünen Lichter der Deckspeilung eingeschaltet wurden, entspannte sich die allgemeine Stimmung und wir können sicher den Kurs in Richtung der Hafeneinfahrt fortsetzen.

Für mich war die heutige Ansteuerung ein großes Stück Kompetenzerweiterung und ich werde dies nicht vergessen. Schon die Engländer beschreiben in der nautischen Literatur, dass so mancher ungeübter Steuermann an der Tidenströmung verzweifelt und sein eigenes Armagedon erleben wird.

Letztendlich kamen wir sicher und sogar eine halbe Stunde zu früh vor der Hafenschleuse an. Skipper Hägar demonstrierte nach Yachtmaster Manier, wie eine Tonne bei Strom und Wind angesteuert wird. Andrea erwiese sich dabei als exzellente Bojenfängerin und so konnten wir vor dem Schleusenmanöver ein wenig durchatmen.

Skyline von Saint Malo
Erfolgreiches Bojenmanöver

Nach längerer Liegeplatzsuche wurde die schäbisch-bretonische Freundschaft bei Marions schwäbischem Kartoffelsalat und frischem bretonischen Fisch, zubereitet vom Skipper gefestigt. Ja, der Skipper entwickelt sich zusehends zum Spitzenkoch für fangfrischen Fisch. Die weiteren Crews können sich darauf freuen.

Der neue Stern am Kochhimmel
Stefan beim Zerlegen der Scholle

Heute steht ein sonniger Hafentag in Saint Malo an, den wir nach dem Regen und der kälte von Gestern gut gebrauchen können.

Hägar und Tom sitzen bereits an der Planung für unseren langen Schlag nach Cherbourg. Wir melden uns dann wie gewohnt mit neuen Abenteuern.

Für heute machts gut, im Namen der Crew der Belle Ile Matthias

P.S. Ein Bild nach dem Ablegen vom Vorschiff

Zwei junge Damen unterhalten sich auf dem Vorschiff angeregt und amüsiert über ihre Enkel (in diesem Zusammenhang wurde es mir (Skipper) strengstens untersagt das Wort „Omas“ zu verwenden, was ich hiermit auch ausdrücklich nicht tue)